#Rettungsfonds

Der Deutschlandfonds: weder sozial noch mit Prinzipen der Marktwirtschaft vereinbar

von , 22.5.09


Am Mittwoch (20.5.2009) sind erstmalig im Lenkungsausschuss des „Wirtschaftsfonds Deutschland“ Entscheidungen über staatliche Bürgschaften und staatliche Großkredite gefallen (mehr hier). Heidelberger Druck und die weniger bekannte Wadan Werft in Warnemünde und Wismar erhalten eine Bürgschaft bzw. einen Kredit der Staatsbank KfW. Ein Antrag des Automobilzulieferers Aksys auf Staatshilfen hingegen wurde abgelehnt. Über die Zukunft anderer Unternehmen wie Arcandor, Porsche (?), Schaeffler (?) und wohl zahlreicher anderer Unternehmen wird noch entschieden, ihre etwaigen Bürgschaftswünsche waren noch nicht Gegenstand der Entscheidungen des Lenkungsausschusses.

115 Milliarden Euro stehen dem Deutschlandfonds zur Rettung von Unternehmen zur Verfügung, davon 75 Mrd. Euro für Bürgschaften und insgesamt 40 Mrd. Euro für Kredithilfen. Das Geld soll Firmen zugute kommen, die im Grundsatz wirtschaftlich gesund sind, aber durch die aktuelle Finanzkrisen in Probleme geraten sind. Durch Missmanagement marode gewordene
Unternehmen sollen nicht gestützt werden. Ob dies der Fall ist, ermittelt der sog. Lenkungsrat, dem unter Anderem der frühere BDI-Präsident Michael Rogowski, der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, der ehemalige FDP-Wirtschaftsminister von Niedersachsen, Walter Hirche, aber mit Martin Hellwig auch ein Wissenschaftler angehören.

Zwar ist es zunächst einmal beruhigend, dass – wie der Fall Aksys zeigt – nicht jeder Antrag einfach abgenickt wird. Dennoch ist der wahltaktisch gut so genannte Deutschlandsfonds ein weiterer, nicht gerade kleiner Schritt zur Aushöhlung der Sozialen Marktwirtschaft. Es ist weder sozial noch mit Prinzipen der Marktwirtschaft vereinbar, einzelnen Unternehmen Steuergelder zukommen zu lassen, weil offensichtlich kein Investor auf der Welt bereit ist, diesen Unternehmen mehr von seinem eigenen Geld anzuvertrauen. Der Steuerzahler schultert hier Risiken, die private Anleger nicht eingehen wollen.

Beunruhigend ist zudem, dass die Empfehlungen des Expertengremiums Lenkungsrat, der auch die Wettbewerbsauswirkungen solcher Beihilfen prüfen soll, unter Verschluss bleiben. Wie die Entscheidung darüber zustande kommt, wer unsere Steuergelder bekommt und wer nicht, bleibt völlig intransparent. Hinzu kommt, dass auch außerhalb des Deutschlandsfonds staatliche Rettungsbeihilfen gewährt werden. So wird am Fonds und seiner Gremien vorbei an einer staatlichen Unterstützung für Opel gebastelt. Diese Maßnahmen entziehen sich der Kontrolle des Lenkungsrates völlig.

Das Kernproblem des Fonds und der selektiven Unterstützung einzelner Unternehmen liegt darin, dass so marktwirtschaftliche Prinzipen ausgehöhlt werden. Die Marktwirtschaft fußt darauf, dass Unternehmen Chancen nutzen und für Risiko – wenn denn alles gut läuft – auch belohnt werden. Aber die Kehrseite diese Medaille ist auch, dass private Anleger auch die Konsequenzen tragen, wenn ihr Unternehmen am Markt vorbei produzieren oder Risiken falsch einschätzen. Sich in guten Zeiten die Gewinne einzustecken, in schlechten Zeiten aber die Verluste auf den Steuerzahler, also die Allgemeinheit, abzuwälzen, steht in fundamentalem Widerspruch zur Marktwirtschaft. Die so wichtige Anreiz- und Disziplinierungsfunktion von Markt und Wettbewerb geht so verloren.

Nun mag man einwenden, dass ja nur Unternehmen geholfen wird, die „nur“ durch die Wirtschaftskrise in Not geraten sind, eigentlich aber langfristig erfolgreich sind (was ihnen jedoch anscheinend nicht hinreichend viele private Investoren glauben, sonst wäre die staatliche Hilfe ja nicht nötig). Es ist jedoch mehr als fraglich, ob politische Instanzen beurteilen können, ob Opel in fünf Jahren die Autos bauen wird, die die Verbraucher wollen, oder die Wadan Werft die entsprechenden Schiffe. Zudem wird die Expertenmeinung des Lenkungsrates nicht publik gemacht. Wenn der politische besetzte Lenkungsausschuss anders entscheidet als es der Lenkungsrat empfiehlt, entsteht noch nicht einmal ein öffentlicher Rechtfertigungsdruck.

Durch das selektive Stützen einzelner Unternehmen wird der einfach erforderliche Strukturwandel in bestimmten Branchen (Automobile, Warenhäuser) nur hinausgezögert, ohne dass nachhaltig geholfen würde.

Auch zur Stützung der Nachfrage trägt der Deutschlandsfonds so gut wie nichts bei, insofern ist er wenig geeignet, die Konjunktur wieder in Gang zu bringen. Konjunkturprogramme können prinzipiell sinnvoll sein – die Stützung der Konsum- und Investitionsnachfrage sollte dann aber wettbewerbsneutral sein und sich nicht in der Stützung einzelner Unternehmen bestehen, die dann nach der Krise womöglich ohnehin vom Markt verschwinden.

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