#Bad Bank

Bad Bank = Bad Idea

von , 22.4.09


Fänden Sie es richtig, mit Steuergeldern einem spielsüchtigen Zocker wertlose Rubbellose abzukaufen? Glauben Sie, mit einem solchen Verhalten würde die Spielsucht gebremst? Es gibt unterschiedliche Formen der „Bad Bank”. Wenn die Bundesregierung in diesen Tagen über ihre eigene Interpretation dieses Konzepts nachdenkt, dann sollte sie versuchen, die wichtigsten Fehler zu vermeiden. Denn die eigentliche „Bad Bank” ist ökonomisch abenteuerlich, sozial ungerecht und – zu allem Überfluss – auch noch kaum praktikabel.

Ökonomisch abenteuerlich ist die „Bad Bank” deshalb, weil der Staat so tut, als wisse er besser als der Markt, welchen Wert ein bestimmtes Wertpapier zurzeit hat. Es geht um Papiere, für die es aktuell am Markt keine Käufer mehr gibt. Nach der einfachsten ökonomischen Logik sollte der Wert eines Papiers, das niemand mehr kaufen möchte (auch nicht zum geringsten Preis) null betragen. Die Banken wären eigentlich verpflichtet, alle toxischen Wertpapiere komplett abzuschreiben. Die Crux dabei: Dann wären wohl mehrere deutsche Banken insolvent. Der Staat schlägt deshalb vor, die toxischen Wertpapiere in eine „Bad Bank” auszulagern und garantiert der Bank einen bestimmten Preis dafür. In den Banken selbst liegen dann nur noch „gute” Wertpapiere. Das Risiko, auf den faulen Eiern sitzen zu bleiben, trägt der Staat – und er bezahlt dazu noch viel Geld dafür.

Manchmal ist es ja ganz hilfreich, sich die einfachsten Zusammenhänge noch einmal vor Augen zu führen. Was sind eigentlich diese „toxischen Wertpapiere” um die es hier geht? Zuerst kauft eine Bank vermeintlich sichere Wertpapiere zu hohen Beträgen an. Mit dem Ausbruch der Krise verlieren diese Papiere drastisch an Wert und werden praktisch nicht mehr gehandelt. Für den Privatanleger hieße eine solche Situation Totalverlust. Nur die Banken scheuen sich, die Papiere komplett abzuschreiben, denn sie laufen Gefahr, Insolvenz anmelden. Da ist der Staat als Marktteilnehmer letzter Instanz eine willkommene Abhilfe – er gibt Geld für Wertpapiere aus, die sonst niemand haben möchte. Noch zugespitzer formuliert: Die Bank hat sich durch die Fehlinvestition in faule Wertpapiere verspekuliert, der Staat schließt beide Augen und gleicht den Verlust aus. Ein solches Verhalten des Staates wäre bei systemisch wichtigen Banken sogar nachvollziehbar, um die weitreichenden Konsequenzen einer Pleite zu verhindern. Aber dann sollten die Eigentümer der Bank (also die Aktionäre) in einer solchen Situation auf dem Totalverlust sitzen bleiben – der Staat sollte die Bank dann komplett übernehmen.

Sozial ungerecht ist die Bad Bank, weil sie die Gewinne aus spekulativen Wertpapiergeschäften bei den Banken belässt und die Verluste auf die Gesamtbevölkerung verteilt. Die Banken gehen bei der Bad Bank als die Gewinner vom Feld. Es gibt kaum Möglichkeiten, die Bankmanager für ihr Fehlverhalten zur Verantwortung zu ziehen. Erinnern Sie sich noch, als Josef Ackermann im Oktober sagte, er würde sich „schämen”, das Bankenrettungspaket der Bundesregierung in Anspruch zu nehmen? Im Bankenrettungspaket gibt es schon jetzt die Möglichkeit, toxische Wertpapiere abzuladen; aber anscheinend möchte die Deutsche Bank lieber die Bad Bank. Kein Wunder: Das Bankenrettungspaket sieht strenge Maßnahmen für die betroffenen Banken und ihr Management vor – in der Bad Bank wird auf solche Maßnahmen verzichtet. Aus Sicht der Bevölkerung müsste die Bad Bank eigentlich ein rotes Tuch sein. Wäre es sozial nicht ebenso unverantwortlich, mit Steuergeldern einem spielsüchtigen Zocker die wahrscheinlich wertlosen Rubbellose abzukaufen? Würde mit einem solchen Verhalten die Spielsucht gebremst? Ökonomen nennen dieses Phänomen „moral hazard” – durch ein solches Verhalten wird suggeriert, Totalverluste würde immer vermieden.

Die Bad Bank ist zu allem Überfluss auch noch kaum praktisch umzusetzen: Bund, SoFFin und Banken müssten sich auf Preise einigen, die per Definition arbiträr sind. Die Banken werden alles tun, damit der Staat so viel wie möglich für die toxischen Wertpapiere bezahlt – nur leider wird der Staat nicht alles tun, damit er so wenig wie möglich dafür bezahlt. Denn so wenig wie möglich wäre gar nichts – und genau das möchte der Staat mit der Bad Bank ja verhindern. Die Paradoxie dabei: Die Banken sitzen trotz ihrer verfehlten Investitionen am längeren Hebel. Die Bundesregierung wird einen Betrag auf den Tisch legen, der über mehrere Jahre gebunden ist. Sie erhält dafür ein immenses Kontingent an Wertpapieren, das eigentlich wertlos ist, dass sie aber dennoch verwalten muss. Der SoFFin wird herausfinden müssen, wie viel die Bad Bank letztlich wert ist… Es fällt schwer, sich eine ineffizientere Lösung des Problems toxischer Wertpapiere vorzustellen.

Und was wäre die richtige Lösung? Aus ökonomischer Sicht wäre es wohl am sinnvollsten, dem Steuerzahler nicht die toxischen Wertpapiere anzudrehen, sondern den insolventen Banken die guten Wertpapiere abzukaufen und sie in „Good Banks” zusammenzufassen. Die Aktionäre der Banken blieben dann auf den Verlusten sitzen – das Bankensystem könnte mit den „Good Banks” weiter funktionieren. Vielleicht hat die Bundesregierung ja den Mut, diese Lösung zumindest bei den Landesbanken umzusetzen. Wenn es in Deutschland tatsächlich so viele „bad banks” gibt, wie uns zurzeit suggeriert wird, dann sollte der Staat nicht noch eine zusätzliche schaffen.

Prof. Henrik Enderlein ist Professor für Politische Ökonomie an der Hertie School of Governance. Dieser Text wurde auch auf  blogfraktion.de veröffentlicht.

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