„Auf den Punkt“ heißt die Radiokolumne bei Flux FM, in der Christian Stahl regelmäßig mit dem Moderatoren-Duo Miki Sic und Heiko Reusch über die deutsche Innenpolitik spricht.

Auszüge aus dem Interview:

Über den Streit um den Familiennachzug syrischer Flüchtlinge in der Union

Flux FM: Was ist das los bei der Union? Müssen wir uns Sorgen machen? Was sollte dieser Alleingang von De Maizière? Was war das alles?

CS: Man fragt sich tatsächlich, was da los ist. Normalerweise ist die SPD dafür berühmt gewesen, sich selber zu demontieren, jetzt übernimmt die Union auch diese Eigenschaft der Sozialdemokraten und demontiert sich an einem Wochenende derart selbst, dass man am Dienstagmorgen nicht mehr weiß, was genau da los ist. Das Erstaunliche ist aber nicht De Maizière, sondern dass „Kronprinz“ Schäuble, der sich sonst ja soldatisch hinter Merkel stellt, so offen gegen sie rebelliert. Das ist auf jeden Fall eine Demontage. Die Flüchtlingskrise ist zu einer CDU-Krise geworden.

Über Angela Merkel

Flux FM: Irgendwie wirkt die Kanzlerin schwächelnd, oder wie muss man das deuten, dass sie sich so leidenschaftslos hinter De Maizière gestellt hat?

CS: Erstens zeigt die Erfahrung, jeder Minister, dem Angela Merkel ihr vollstes Vertrauen ausspricht, muss um seinen Stuhl bangen. Zweitens hat man das Gefühl, dass es sie überrascht hat, dass De Maizière, Schäuble und andere in der Union so offen gegen die Kanzlerin revoltieren. Jakob Augstein hat schon von einem Putsch gesprochen, so weit würde ich nicht gehen, aber es ist eine ernste Krise in der sonst so geschlossenen CDU.

Über den Aufschwung der AFD

Flux FM: Nach einer neuen Meinungsumfrage der BILD landet die AFD, wenn heute Bundestagswahl wäre, bei 10 Prozent. Zum ersten Mal zweistellig in Deutschland. Müssen wir uns da Sorgen machen?

CS: Ja. Müssen wir. Schon lange, immer noch und immer mehr. Überraschend ist das nicht. Die letzten Umfragen sahen die AFD auch schon bei 8 bis 9 Prozent, jetzt sind es 10. Und es ist das klassische Bild, immer wenn rechtskonservative und rechte Parteien, wie jetzt die CSU, den ganz rechten Stimmen abzunehmen, treiben sie denen Wähler zu. Wir haben ein Problem mit AFD, wir haben auch ein rechtsradikales Problem, was zum Teil terroristische Züge annimmt. 500 Übergriffe auf Flüchtlingsheime in diesem Jahr, 180 Tote durch rechtsradikale Gewalt seit dem Mauerfall. Ich würde mir wünschen, dass unser Innenminister genauso hart gegen diese Rechten vorgeht wie er gegen Flüchtlinge polemisiert.

Über das, was wir angesichts der Flüchtlingskrise politisch verpassen

Flux FM: Der Diskurs um Flüchtlinge bestimmt ja gerade alles, aber es gibt ja noch andere Ressorts, ein Gesundheitsressort zum Beispiel. Was ist da los, was verpassen wir?

CS: Erst hatten wir den Grexit und kein anderes Thema. Jetzt haben wir die Flüchtlingskrise und kein anderes Thema. Und von der Gesundheit bis zu sozialen Themen, von einer Steuerreform bis zur Frage, was machen wir mit dem deutschen Bildungssystem, – darüber wird nicht geredet.
Und, was man nicht vergessen darf, die Marke Deutschland hat in den letzten Monaten einen derartigen Schaden erlebt, vom VW- Skandal bis zum DFB-Skandal. Das ist ein solcher Vertrauensverlust, dass man befürchten muss, aus der Marke „Made in Germany“ wird in Zukunft „Faked in Germany“. Und ob wir das wollen, weiss ich nicht.

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