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Was Taxifahrer und Journalisten verbindet

von , 11.6.14

Taxifahrer ist kein geschützter Beruf wie Arzt, Apotheker, Architekt oder Rechtsanwalt. Auch Journalist ist kein geschützter Beruf. Journalist kann sich jeder nennen, der einigermaßen gerade Sätze formulieren kann. Und Taxifahrer kann sich jeder nennen, der Auto fahren kann.

Das haben sich einige findige App-Entwickler zunutze gemacht. Mit Uber (“Moving people”), WunderCar, airbnb oder mitfahrgelegenheit.de nutzen sie den Community-Gedanken für ein neues, angeblich nicht-kommerzielles Geschäftsmodell.

Rund 900 Millionen Euro (also das tausendfache des erhofften Krautreporter-Fundings) investierten Geldgeber (u.a. Google!) in die Privattaxi-Community Uber, die heute – erst vier Jahre nach ihrer Gründung – bereits in über 100 Ländern aktiv ist.

Das Prinzip des nicht-geschäftlichen Geschäftsmodells klingt einfach: Eine App vernetzt Menschen, die mit dem Auto unterwegs sind und solche, die eine Mitfahrgelegenheit suchen. Für die Suchenden kommt das bis zu 40 Prozent billiger als eine reguläre Taxifahrt. Bei WunderCar nennt man die Bezahlung deshalb auch nur „Trinkgeld“.

 

Dreiste Deregulierung oder Verteidigung des Kartells?

Die Berufs-Taxifahrer wehren sich vor allem mit Qualitäts-Argumenten. Der Fahrgast sei bei den Taxi-App-Communitys nicht ausreichend versichert, die Autos seien nicht in Topzustand, die Fahrer würden schlecht bezahlt und seien nicht speziell ausgebildet, die flächendeckende Beförderungspflicht sei nicht gewährleistet, und die App-Unternehmen kassierten überhöhte Provisionen. Mit zahlreichen Klagen wird versucht, die neuen Anbieter auf Abstand zu halten. Vermutlich vergebens.

Ähnlich argumentieren heute Qualitäts-Journalisten und ihre Interessenverbände gegenüber der Billigkonkurrenz von Behelfs-Journalisten, Blogs und sozialen Netzwerken. Die Vorwürfe lauten: Lohndumping, Aufweichung von Standards, Vermittlung ungesicherter Informationen.

Doch EU-Kommissarin Neelie Kroes findet die Entwicklung auf dem Transportmarkt gar nicht so schlecht und hält den protestierenden Berufstaxifahrern entgegen, das von ihnen geforderte Verbot der digitalen Transport-Communitys schütze nicht in erster Linie die Fahrgäste, sondern „das Taxi-Kartell“. Die traditionellen Taxiunternehmen beuteten ihre Berufs-Fahrer noch dreister aus als die neue Billig-Konkurrenz. Engagierte Gewerkschafter wie Rudolf Hickel befürchten durch die neoliberale Deregulierung dagegen ein „Ende des Taxi-Systems“

Man kann diese Debatte wirklich gut mit der gegenwärtigen Journalismus-Debatte vergleichen.
 

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