#Admati

Die fundamentale Bankenkritik der FAZ

von , 7.1.14

Man hat fast den Eindruck, die Autoren Rainer Hank und Winand von Petersdorff hätten sich in “Wie wir lernten, die Banken zu hassen” regelrecht in Rage geschrieben.

Sie orientieren sich bei ihrer Kritik wesentlich am Buch der Ökonomen Anat Admati und Martin Hellwig, “Des Bankers neue Kleider. Was bei Banken wirklich schiefläuft und was sich ändern muss“, das übrigens für die FAZ das Buch des Jahres 2013 ist. Und das zu Recht.

Admati und Hellwig haben ein Werk vorgelegt, das nicht die Marktwirtschaft und das Finanzwesen verteufelt, sondern ökonomisch sehr fundiert und ordnungspolitisch sauber argumentiert. Kein Wunder, dass es die FAZ-Redaktion begeistert. Neben Robert Shillers Buch “Märkte für Menschen” halte ich es für das Werk, das am ehesten taugt, eine neue und vor allem realistische Architektur der Finanzwelt zu gestalten. Auch Shiller gibt sich nicht dem Mainstream hin, indem er die Finanzbranche pauschal verdammte. Vielen Kritikern der Finanzwirtschaft (etwa der Occupy-Bewegung) mangelt es an einem akzeptierten und vor allem umsetzbaren Gegenentwurf.

Hank und von Petersdorff ärgern sich glaubhaft darüber, dass Banken den Ruf der Marktwirtschaft tief in Misskredit gebracht haben und sich dies bis heute nicht geändert hat. Das liegt vor allem daran, dass sie die Marktwirtschaft da ausgehebelt haben, wo es um eigene Interessen geht. Die FAZ stört sich an der Asymmetrie von Erfolg und Haftung und ist sich nicht zu fein, die Vokabeln linker Kritiker zu verwenden: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

In Anlehnung an Admati und Hellwig fordern die Autoren eine Eigenkapitalquote für Banken in Höhe von 25%. Admati und Hellwig legen sich zwar nicht auf diese Quote fest, fordern aber deutlich mehr Eigenkapital und eine echte statt einer risikoadjustierten Quote, von der die Banken selbst gern sprechen.

Hank und von Petersdorff setzen sich mit den Nebelkerzen der Banken gegen diese hohe Kapitalanforderungen auseinander. Ihnen gelingt dabei natürlich nicht die Tiefe von Admati und Hellwig, die sich dafür aber auch den Platz eines ganzen Buchs nehmen.

Man spürt insbesondere im letzten Absatz das Ringen der Wirtschaftsredaktion, die sonst eher für weniger Regulierung und staatlichen Zwang steht:
 

“Was also tun, wenn die Banken nicht freiwillig ihr Kapital erhöhen? Dann muss man sie zwingen. Kann eine liberale Zeitung das wirklich fordern? Ja. Gewiss, Zwang ist ein schmutziges Wort, um noch einmal den Nobelpreisträger Fama zu zitieren. „Rauspauken (Bail-out) ist aber noch viel, viel schmutziger.“

 
Norbert Berthold erweitert im Blog “Wirtschaftliche Freiheit” die Kritik und bezieht die Politik mit ein. Für ihn ist es zu einfach, “die Banken als unbelehrbare, verantwortungslose Glücksritter zu verteufeln, die auf Kosten der Steuerzahler ihre Spiele spielen”. Er sieht opportunistische Politiker als Teil des Dilemmas, in dem wir uns befinden.
 

“Ohne die Hilfe der Banken, sind viele Staaten aufgeschmissen, ihre Defizite in den Haushalten zu decken. Die Banken sind die eigentlichen Finanziers der nicht steuerfinanzierten Haushaltslöcher. Sie halten den größten Teil der Staatspapiere. In den europäischen Krisenländern noch mehr als anderswo.

Die Politik wird deshalb den Teufel tun, höhere Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Banken durchzusetzen. Mit einem solchen Schritt würde sich die staatliche Verschuldung mit einem Schlag verteuern. Die billige Finanzierung über die Banken wäre passé. Der opportunistischen Politik bliebe nichts anderes übrig als die Ausgaben grundlegend zu überdenken: Ein Albtraum für jeden Politiker.”

 
Genau hier könnte ein Grund liegen, warum die guten Vorschläge von Admati und Hellwig (noch?) auf wenig Zuneigung stoßen. Dennoch sind für Berthold die Konsequenzen ähnliche. Er schließt:
 

“Der Bankensektor muss reformiert werden. Die geplante Bankenunion löst das Problem des „moral hazard“ nicht. Ein Leben auf Kosten von Dritten ist erst dann nicht mehr möglich, wenn Handlung und Haftung zusammenfallen. Nur so wird verhindert, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Das Prinzip von Handlung und Haftung gehört zur DNA der Ordnungspolitik.

Andrew Haldane, der Exekutivdirektor für Finanzstabilität der Bank of England, hat vorgeschlagen, dieses Prinzip mit einer einfachen Regel zu installieren: Einer signifikant höheren harten Eigenkapitalquote der Banken. Der neue Nobelpreisträger Eugene Fama teilt seine Meinung. Martin Hellwig fordert 20 – 30%. Das gefällt aber weder Bankern noch Politikern und auch nicht den Wählern.”

 
Was keiner der hier genannten Autoren übrigens heraushebt, ist, dass mit einer deutlichen Reform der Eigenkapitalanforderung einige der viel zu komplexen und irreführenden Regulierungsmaßnahmen wieder kassiert werden könnten.

Dazu sollte das Einstampfen von Basel III gehören, dessen Vorgänger aus meiner Sicht Mitverursacher der Finanzkrise war, und das hochkomplexe Regelwerk um die Reform des OTC-Geschäfts. Aber das ist Stoff für einen anderen Beitrag.
 
Crosspost vom Blick Log

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.