##GroKo

Redezeitdemokratie

von , 12.12.13

Ich war ziemlich irritiert, dass der Bundestag hier strikt proportional vorgeht: 10 Prozent der Mandate = 10 Prozent der Redezeit. Bei einer Stunde also sechs Minuten. Das führt bei einer 80-Prozent-GroKo zu eher langweiligen Debatten: RednerInnen der Regierung wiederholen und wiederholen sich, für die Opposition bleiben ein paar Gedankenhappen.

Und selbst, wenn es ein oder zwei Minuten dazu gibt – eine solche Verteilung von Redezeiten mag zwar streng mathematisch korrekt sein, erscheint mir aber eher unparlamentarisch, wenn denn im Parlament das Prinzip von Rede und Gegenrede herrschen soll.

Muss das so sein?

Muss es nicht – jedenfalls habe ich im baden-württembergischen Landtag ein ganz anderes System kennengelernt. Üblicherweise hat hier jede Fraktion die gleiche Redezeit – egal, ob es um die winzige FDP oder die größte Fraktion, CDU, geht.

Das ist nicht proportional, aber es führt dazu, dass tatsächlich Argumente ausgetauscht werden. Faktisch haben Regierungsfraktionen und Opposition jeweils die gleiche Redezeit, dazu kommt die Regierung selbst, die mehr oder weniger unbegrenzt reden darf*. Abweichungen gibt es bei einigen zentralen Anträgen – da gilt dann »gestaffelte Redezeit«, d.h. auf z.B. fünf Minuten Basisredezeit kriegt die CDU noch zwei oder drei Minuten dazu, Grüne und SPD noch eine, und die FDP bleibt bei fünf Minuten.

Rhetorisch sind die Debatten im baden-württembergischen Landtag nicht unbedingt und in jedem Fall Glanzlichter. Lebhaft sind sie jedoch meist. Und dazu trägt, glaube ich, auch die hier etablierte Redezeitordnung bei, die statt auf mathematische Korrektheit auf Repräsentation der verschiedenen, in den Landtag gewählten Interessen setzt.
 
* Wenn die VertreterInnen der Regierung allerdings zu lange reden, lösen sie eine Geschäftsordnungsregelung aus, die eine neue Debattenrunde im Parlament öffnet – mit den Fraktionschefs der Opposition als ersten Rednern. Wer’s nachlesen will, kann in die Landtags-GO schauen.
 
Crosspost von till we

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