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Große Koalition ist Mist

von , 27.9.13

Fast zwei Drittel der Bundesbürger wollen laut ARD-Umfrage eine große Koalition. Diese Umfrage zeigt allerdings nur, was die Bürger wählen würden, wenn man ihnen drei Karotten unterschiedlicher Größe vor die Nase hängt. Die Umfrage zeigt nicht, ob die Bundesbürger eine große Koalition überhaupt wollen.

Wäre die Frage etwas anders formuliert, etwa: „Fänden Sie es gut, wenn die Regierung das Parlament ausschalten würde?“, dann gäbe es vermutlich nicht ganz so hohe Zustimmungsraten. Die Medien klären also nicht auf, sie versuchen, die Regierungsbildung „zum Wohle des Landes“ zu steuern. Denn bereits am Wahltag hat die Industrie wissen lassen, dass sie die Energiewende auf keinen Fall in der Hand der Grünen sehen möchte, und dass das „wettbewerbsfeindliche“ Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) unbedingt kassiert werden muss.

Selbstverständlich sähe man auch die Weiterentwicklung der Agenda 2010 zur Agenda 2020, die endgültige Festlegung auf die Rente mit 67, die anstehende Gesundheits- und Pflege“reform“, die Finanzierung des kommenden EU-Schuldentilgungspaktes (per Mehrwertsteuersoli?), den Ausbau und die Kontrolle der Infrastrukturnetze (Strom, Verkehr, Breitband), die Subventionierung der Großunternehmen, die Exzellenzierung der Eliteuniversitäten, die „Reform“ (also den Ausbau) der Geheimdienste und die weitere Transformation der Bundeswehr lieber in den Händen einer großen Koalition.

Diese Superkoalition würde in der kommenden Legislaturperiode 503 der 630 Abgeordneten stellen. Das ist eine komfortable Vierfünftelmehrheit. Damit könnte man zwar noch nicht die Verfassung ändern (weil im Bundesrat ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist), aber Normenkontrollklagen (Gesetzesüberprüfungen) nach Artikel 93, Absatz 1, Punkt 2 Grundgesetz, und Untersuchungsausschüsse könnte man wohl verhindern. Da in allen Bundesländern Schwarze oder Rote oder beide regieren, hätte man im Gesetzgebungsverfahren weitgehend freie Hand. Die SPD sitzt in 14 von 16 Landesregierungen (Hessen mitgezählt).

Eine derartige Super-Koalition könnte im Ernstfall sogar über den Ausnahmezustand (also über die Anwendung der Notstandsgesetze) entscheiden. Würde z.B. die sächsische FDP nach der Landtagswahl 2014 aus der Regierung fliegen, hätten CDU und SPD im Bundesrat die absolute Mehrheit. Die Machtfülle von Ludwiga der XIV., der Sonnenkönigin aus der Uckermark, wäre fast absolut. L’état c’est moi, zu Deutsch: “Sie kennen mich.”

Sollte 2017 also tatsächlich noch einmal umständlich gewählt werden müssen, würden Grüne und Linke ihre Wahlergebnisse wohl verdoppeln.

Alle diese Überlegungen spielen für die staatstragende SPD aber keine Rolle, denn ihr Leitsatz heißt: Zuerst kommt das Land, dann kommt die Demokratie!

Also wird sich unsere tapfere Super-SPD erneut „ihrer Verantwortung stellen“ und alle notwendigen „Grausamkeiten“ für die CDU erledigen. Und wenn sie sich 2017 – hundert Jahre nach ihrer Spaltung – für das Mutterland aufgeopfert hat, wird ihr die CDU ein ehrenvolles Staatsbegräbnis 1. Klasse spendieren.

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