#Geheimdienste

#tag2020: Retten die Geheimdienste die Zeitung?

von , 21.8.13

Die Teflonpfanne war – jedenfalls der Legende nach – ein Abfallprodukt der Raumfahrt. Aus dem Skandal um die Geheimdienstschnüffelei scheint sich nun als neues Abfallprodukt „die Zukunft der Zeitung“ zu ergeben. Jedenfalls häufen sich die Äußerungen von Medienmachern, dass wir uns nur durch die gute alte Zeitung, mit der man Fische einwickeln und Pakete ausstopfen kann, vor den Spähaktionen wild gewordener Geheimdienste schützen können. Die alte Papier-Technik sei nämlich abhörsicher. Ronnie Grob in der Schweizer Medienwoche:

„Wenn das Internet eine totalüberwachte Zone ist, werden Redaktionsräume und -systeme, auf die Regierungen und Geheimdienste keinen Zugriff haben, zur Geheimwaffe. Gedruckte Zeitungen auf dem technischen Stand des 19. Jahrhunderts könnten wieder zur Speerspitze der Medienfreiheit werden.“

Und Frank Schirrmacher sagt:

„Die Zeitung ist das einzige nichtüberwachungsfähige Medium.“

Wie bitte? Wurden Zeitungsredaktionen vor der Einführung des Internets etwa nicht von Geheimdiensten infiltriert und abgeschöpft? Schon im frühen 19. Jahrhundert gab es ein ausgeklügeltes Spitzelsystem aus eifrigen Zuträgern. Georg Büchners „Hessischer Landbote“ wurde nicht von Algorithmen überwacht. Metternichs Restauration kam ganz ohne Prism, Tempora und XKeyscore aus.

Das Schauer-Märchen, erst das Internet habe uns die Geheimdienst-Schnüffelei beschert, hängt wohl mit der Annahme zusammen, Geheimdienstarbeit sei an die böse digitale Technik gebunden. Doch der Glaube, Bleistifte, Federkiele und Druckplatten könnten weniger gut abgehört werden, verrät nur eins: eine tief sitzende Abneigung ökonomisch bedrohter Medienbetriebe gegen das Internet.

Geheimdienste werden die Zeitungen sicher nicht retten.

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