ZDF zu Carta: “Wir beliefern keine Blogs”

von , 27.2.09


Heute um 9.20 Uhr erreichte uns folgende E-Mail:

Lieber Herr Meyer-Lucht,

leider können wir für diesen Verwendungszweck kein Bild zur Verfügung stellen.

ZDF

Raymond L.*

HA Kommunikation Pressestelle

55100 Mainz
Deutschland

Hintergrund ist folgender: Beim ZDF gibt es einen Bilderdienst, der die Presse mit PR-Fotos aus dem eigenen Haus versorgt. Auch wir haben dort gestern Nachmittag für Carta um ein Pressefoto des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender für unseren ZDF-Artikel von Peter Loesche gebeten.

Die Antwort lautet heute: Nein.

Neugierig riefen wir bei Herrn L.* an, um mal zu fragen, warum “für diesen Verwendungszweck” denn nun kein PR-Foto zur Verfügung stehe? Und welcher “Verwendungszweck” überhaupt?

Dabei kam es zu etwa folgendem Gespräch (Gedächtnisprotokoll):

Carta: Herr L.*, Sie haben uns gerade per E-Mail mitgeteilt, dass wir keine Fotos vom ZDF erhalten – warum eigentlich nicht?

L.: Wir beliefern keine Blogs.

Carta: Hm, ach so. Kann man das so schreiben – ist das zitierfähig?

L.: Nein, das dürfen Sie so nicht schreiben. Sie verwenden bitte die Formulierung aus der E-Mail, dass ‘für diesen Verwendungszweck’ keine Fotos zur Verfügung gestellt werden können.

Carta: Das ist nicht ihr Ernst.

L.: Doch.

Wir haben daraufhin versucht, den Kommunikationschef des ZDF zu erreichen, Alexander Stock, mit dem wir bislang gute Erfahrungen gemacht haben. Stock weilt aber derzeit, in der größten Krise des ZDFs seit Jahren, im Urlaub. Sein Stellvertreter Walter Kehr erklärt uns, es handele sich um ein juristisches Problem: Das ZDF habe von den beauftragten Fotografen nur die Online-Bildrechte für “Presse-Promotion” erworben. Es gäbe also nur Online-Bilder von Brender für die Presse. Und man könne doch nicht sagen, dass die Abermillionen von Blogs Presse seien. So zitiert werden, möchte Kehr aber eigentlich auch nicht.

Für die ZDF-Presseabteilung sind Blogs offenbar noch immer Teil einer publizistischen Öffentlichkeit zweiter Klasse, der man nicht einmal mit einem Mindestmaß an Kooperationswillen begegnet. Dass das milliardenschwere ZDF nicht schon längst umfassende Online-Bildrechte erworben hat, um sie nach dem Open-Source-Prinzip der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, ist peinlich.

Noch absurder aber ist der kommunikative Umgang mit den eigenen Entscheidungen. Das ZDF druckst rum, steht nicht offen zu seiner Entscheidung und pocht auf andere Sprachregelungen. Das ist ein fast schon fahrlässiger Umgang mit allem, wofür Artikel 5 des Grundgesetzes so steht. Beim ZDF gibt es also auch noch an anderen Stellen als nur im Fernsehrat Umbaubedarf.

Fairerweise muss man hier hinzufügen: Nikolaus Brender hat uns damals auf unseren ZDF-Artikel persönlich per Mail geantwortet. So gesehen müssen eigentlich auch wir hier noch für Brender eine Lanze brechen. Carta für Brender! Und bitte auch mehr Brender in der Presseabteilung.

* Nachtrag 17.3.09: Das ZDF hat uns gebeten, den Namen des Pressestellenmitarbeiters Raymond L. nur in gekürzter Form zu veröffentlichen. Wir kommen dem hiermit nach.

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