#Auswärtiges Amt

Bodenschatz zwischen den Ohren

von , 11.10.12

“Es gilt das gesprochene Wort.” Die salvatorische Klausel hat das Auswärtige Amt davor bewahrt, sich unsterblich lächerlich zu machen. Das vorbereitete Redemanuskript für den Bundesminister des Äußersten trägt keine Spur des Zitats, das die Welt belustigt. (Ich hätte gern einen Mitschnitt aus den Kabinen der Simultandolmetscher!)

Er pries die deutsche Kulturnation mit einem großartig seltsamen Sprachbild: „Unser Bodenschatz ist nicht unter den Füßen, unser Bodenschatz ist zwischen den Ohren“, flötete der Außenminister. Falls er diese Formulierung selbst gefunden hat, sollte er sie unbedingt urheberrechtlich schützen lassen – das ist ja noch besser als sein Englisch!

Westerwelle-Watcher (ja, die gibts noch, geeichte Ohren, die keine Punchline durchgehen lassen, ohne zurückzuschlagen) kennen den Tick. Meistens sind Westerwelles Punchlines gut abgehangene Phrasen aus der Wiedervorlagekammer. Auch dieser Bodenschatz zwischen den Ohren ist nicht improvisiert. Er hat ihn sorgfältigst vorbereitet, zurecht gezutzelt, poliert und memoriert. Dieser Redner mit den tauben Ohren für eigenen Unsinn surft auf dem, was er als Goodwill missverkennt, hält das eingefrorene Lächeln in der ersten Reihe für Zustimmung, versteht nicht, was jeder Surfer beherzt: Ohne Welle nicht aufs Brett, ohne Widerstand kein Vortrieb.

Den 20. ging Lenz durch’s Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. Es war naßkalt, das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Äste der Tannen hingen schwer herab in die feuchte Luft. Am Himmel zogen graue Wolken, aber Alles so dicht, und dann dampfte der Nebel herauf und strich schwer und feucht durch das Gesträuch, so träg, so plump. Er ging gleichgültig weiter, es lag ihm nicht’s am Weg, bald auf- bald abwärts. Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte

Diesem Redner liegt nichts am Weg. Der Text seiner Rede ist ihm egal. Es juckt Westerwelle, die Punchline loszuwerden. Schon gehts auf Ende zu.  Von da unten zieht Langeweile herauf, alles so undicht. Soll ich, soll ich nicht, durchzuckt es ihn da vorne. Was weiß er noch von der rheinischen Braunkohle, was von den seltenen Erden im Erzgebirge, was vom Zinn, wenn ihn das Blech im eigenen Kopf um denselben bringt. Das Zucken wirkt stärker. So gehts im Gebirg der politischen Höhen. Und dann hält ihn nichts mehr und er muss diesen Schatz loswerden, sonst verkokelt er ihm, und Ladehemmungen machen dem Leichtmatrosen das Leben unleidlich – und er lässt los.

Möge er doch besser auf dem Kopf gehen!

Crosspost von Hans Hütt

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