#Fernsehkritik

Hans & ich

von , 17.9.12

So, Kurt! Wenn Du das hier liest, dann weisst du Bescheid:
F… Dich!

Du hast mich verlassen, als ich Dich am meisten brauchte. Du hast mich mit all dem da draußen alleine gelassen, und wegen Dir konnte ich wochenlang nicht fernsehen. Für mich bist du kein Therapeut mehr. Für mich bist du eine Schande für deine Zunft. Das sagt Hans übrigens auch. Und damit sind wir beide fertig, Kurt! Du Feigling! Du Versager!

Jetzt zu euch.
Und Hans!
Ohne Hans wäre ich immer noch isoliert und voller Angst in meiner Wohnung. Dank Hans traue ich mich wieder auf die Straße und noch besser: Ich schaue auch wieder Fernsehen. Hans hat mich geheilt.

Hans ist kein Therapeut aus schulmedizinischer Sicht. Hans ist Autodidakt. Autodidakt ist, wenn man zum Beispiel was anderes lernt, als man macht, und sich das, was man macht, selbst beibringt. So wie bei Philip Rösler. Der hat Arzt gelernt, arbeitet aber als Wirtschaftsminister. Das ist in seinem Fall gut für alle Kranken, aber schlecht für alle Deutschen.

Hans hat mal Schweißer gelernt und arbeitet jetzt als Therapeut. Man muss nicht in seine Sprechstunde gehen, und es kostet die Kasse keinen Cent. Hans sitzt immer vor dem Rewe, und anstatt Geld bringt man ihm ein Bier und einen Jägermeister und es geht los.

Manchmal nimmt Hans mich auch mit in seine Praxis. Die liegt sehr zentral, direkt an der Bahnstation zwischen dem Kiosk und Gleis 6, und er teilt sie sich mit ein paar anderen Therapeuten. Vom Aussehen her würde ich hier auch auf Autodidakten tippen.

Hans und ich schauen und analysieren nicht nur Fernsehen gemeinsam. Wir lesen auch die Zeitung und hören Radio. Hans ist ein „media allrounder“.

Wir haben in der letzten Woche viel über Bettina Wulff gelesen. Hans sagt mir, es wäre cooler, wenn ich hier nicht über sie schreiben würde. Sonst wäre ich auch nicht besser als alle anderen. Und er sagt, dass er glaubt, dass sie nie als Escort Lady gearbeitet habe. So unbelastbar und weinerlich wie die sei, sei das kein Beruf für sie. Sie wäre ja schon mit ihrem einzigen Kunden überfordert …

Hans wollte auch am Sonntag mit mir Sabine Christiansen schauen, aber ohne Frau Wulff haben wir dann darauf verzichtet. Das ist das Erste, was ich von Hans gelernt habe und was kaum einer weiß: Sabine Christiansen moderiert immer noch ihre Sonntagabend Talkshow. Sie verkleidet sich jetzt nur als Günther Jauch. Seit ich das verinnerlicht habe, bin ich beruhigt. Ich habe sowieso nie wirklich geglaubt, dass der Jauch sich für so etwas hergeben würde. Ein ganz perfider Trick von Frau Christiansen … aber raffiniert!

Ab November soll sie sich dann auch noch parallel als Stefan Raab verkleiden und ihre Show gleichzeitig in der ARD und bei Pro 7 ausstrahlen. Einziger Unterschied: Als Raab verkleidet verschenkt sie im Namen der Zuschauer noch 100.000 Euro an den Einäugigen unter den Blinden. Ein tolles Konzept, um die Politikverdrossenheit im TV in den Griff zu bekommen. Pfiffig und filigran wie einst Hans Peter Briegel.

Hans und ich haben auch viel Paralympics geschaut. Interessant war, dass die Reporter hier nicht so hart mit den Athleten ins Gericht gegangen sind wie bei den Olympischen Spielen. Und das, obwohl alles gleichwertig sein sollte … wahrscheinlich hat die ARD aber deswegen mit Moderatoren aus der zweiten Riege gesendet. Hier hätte man unserer Meinung auch der Aktion an sich Tribut zollen und zum Beispiel Waldi Hartmann nochmal einsetzen können. Hans und ich fanden die Paralympics auf jeden Fall noch besser als Frauenfußball.

Ganz im paralympischen Sinne war für uns dann aber der Tatort „Hochzeitsnacht“. Hier hat die ARD alles richtig gemacht. Ein offensichtlich wahrnehmungsgestörter Regisseur verfilmt ein Drehbuch, das nicht einmal Doris J. Heinze sich selbst verkauft hätte. Als Anmerkung an die Redaktion: Wenn ich im Supermarkt schlechten Fisch kaufe, dann fresse ich den nicht. Ich schmeiß ihn weg oder tausch ihn um!
Jede Wiederholung wäre besser gewesen.
Das sagt auch Hans.

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