#§88 TKG

Brauchen wir ein Telemediengeheimnis?

von , 18.7.12

Sascha Lobo schreibt in seiner Kolumne bei SPON, dass man ein Telemediengeheimnis bräuchte, quasi als Ergänzung zum Brief- und Fernmeldegeheimnis. Der Grund für Lobos Erregung ist der Umstand, dass Facebook nach seiner Ansicht die Chatkommunikation seiner Nutzer flächendeckend aufzeichnet und analysiert. Hierzu verweist er u.a. auf einen Artikel in der SZ und beendet seinen Kommentar mit den Worten:

“Wir brauchen ein Telemediengeheimnis. Die Eltern des Grundgesetzes hätten es so gewollt.”

Nun besteht das verfassungsrechtliche Problem zunächst darin, dass Grundrechte nur im Verhältnis zwischen Staat und Bürger gelten. Nachdem Facebook aber keine Behörde oder staatliche Stelle ist, kann es auch nicht (unmittelbar) an Grundrechte gebunden sein. Selbst ein neues Grundrecht würde also nicht unmittelbar gegenüber Facebook helfen.

Deshalb gibt es in § 88 TKG ergänzend das einfachgesetzliche Fernmeldegeheimnis – das manche etwas moderner auch Telekommunikationsgeheimnis nennen – durch das sogenannte Diensteanbieter verpflichtet werden. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegt sowohl der Inhalt der Kommunikation als auch der Umstand, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war.

Facebook ist – soweit es Kommunikation ermöglicht – auch Diensteanbieter im Sinne des TKG, denn Telekommunikation ist der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangs von Nachrichten. Und diese technische Dienstleistung erbringt Facebook für seine Nutzer. Das Chat-System und das Direktnachrichtensystem von sozialen Medien unterliegt daher dem Fernmeldegeheimnis des TKG. Wir brauchen also keineswegs ein Telemediengeheimnis. Es besteht insoweit keine Gesetzeslücke.

Was wir hier vielmehr beobachten können, ist ein altbekanntes Problem speziell im Umgang mit US-Anbietern, das ich als Vollzugsdefizit bezeichnen würde. Anbieter wie Facebook oder Gooogle verstoßen häufiger gegen deutsches und europäisches Recht, u.a. auch beim Datenschutz. Der deutsche Staat wie auch die EU sind in vielen Fällen nur nicht mehr in der Lage, ihr Recht gegenüber diesen Anbietern durchzusetzen.
 
Crosspost von Internet Law
 

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