#Drehbuchautoren

Kurt & ich: Die Deals der Doris Heinze

von , 10.7.12

Wenn in der freien Wirtschaft Steuerhinterzieher nicht bestraft werden, sondern Vergünstigungen erhalten, ist das kein Straftatbestand, sondern ein Schlupfloch und führt nicht zu Strafen, sondern oft zu Bezuschussungen durch Ministerien. Die Löcher werden nicht von Kriminellen gefunden, sondern von findigen Geschäftsleuten. Wenn ein runder Ministerpräsident einen runden Geburtstag feiert, darf er das auf Kosten des GEZ-Zahlers tun, solange er Ministerpräsident von Rheinland Pfalz ist. Das ist legal und das müssen wir akzeptieren.

Ich habe in den letzten Jahren nicht nur als Autor gearbeitet, sondern viel mehr noch als Producer und Executive Producer. Hier gilt es manche Kröte zu übersehen, die andere schlucken.

Ich persönlich glaube, dass in Bordellen der Freier deutlich ehrlicher behandelt wird als der Sender vom Produzenten. Aber manchen Deal akzeptiert man (ich spreche hier nur von legalen Deals, die aber durchaus halbseiden sein können), damit die Produktion stattfindet und somit Hunderte von Menschen, zumindest für eine gewisse Zeit, in Lohn und Brot stehen. (Ich weiß, wer diese Kolumne alles liest, und dass euch jetzt eure schmutzigen Ä….e auf Grundeis gehen;))

Was ist schon ein auf Lebenszeit leihweise überlassener Porsche gegen eine Millionenproduktion? Wer verbietet Beraterhonorare für Manager von Moderatoren? Wer guckt schon, welche Produktionsfirmen überteuertes und unnötiges Equipment von Tochterfirmen mieten? Aber ist so nicht das Prinzip unserer Kapitaloligarchie? So lange am Fuße des Berges viele wenigstens ein bisschen abbekommen, akzeptieren wir, dass einige wenige an der Spitze des Berges sehr viel verdienen. Das ist auch in der Unterhaltung so.

Offenbar kann man diese Kette auch nicht „von unten“ unterbrechen, sondern sie muss oben reißen und sich neu bilden. Oder zerrissen werden.

Doris J. Heinze hat dabei geholfen. Sie gehört nach Meinung der Staatsanwaltschaft bestraft. Wegen schwerer Bestechlichkeit, schwerer Untreue und wegen Betrugs muss sich die Leiterin des NDR-Programmbereichs „Fernsehfilm, Spielfilm und Theater“ vor der Wirtschaftsstrafkammer des Hamburger Landgerichtes verantworten.

Sie hält uns Medienschaffenden allen einen Spiegel vor. Trotz eines Jahresgehaltes von um die 100.000 Euro hat Frau Heinze anscheinend betrogen. Den NDR und die ARD um Geld. Uns Autoren um Aufträge und alle TV-Zuschauer um Vielseitigkeit in der Unterhaltung.

Frau Heinze soll von ihr selbst geschriebene Drehbücher unter Pseudonym oder unter dem Namen ihres Mannes an sich verkauft und dann dafür gesorgt haben, dass diese verfilmt werden. Mitangeklagt sind Claus Strobel (Ehemann) und Heike Richter-Karst (Produzentin).

Um als Autor einen Drehbuchauftrag zu bekommen oder bei einem Pitch dabei zu sein, schickt man eine Idee. Dann ein Exposé mit dem Inhalt des Stoffes, den man zu schreiben gedenkt. Dann ein Treatment und dann schreibt man das Drehbuch. Bezahlt wird normalerweise ab dem Treatment. Alles andere ist Arbeits- und Lebenszeit, die einem kein Mensch vergütet. Man hofft auf Erfolg. Menschen wie Doris J. Heinze nehmen einem diese Hoffnung. Da kann eine Idee noch so gut sein – sie kommt nicht durch, weil Doris J. Heinze das dafür vorgesehene Geld gerade ganz gut selber gebrauchen kann. Mit 100.000 Euro im Jahr kommt man ja auch nicht sehr weit. Da kann man ja andere ruhigen Gewissens um die Früchte ihrer Arbeit bringen. Und wenn ihr vor lauter Gewissen mal nichts eingefallen ist, dann hat sie sich eben ein altes Buch noch einmal verkauft. Hauptsache ihre Kasse stimmt.

Das Gericht hat einen Deal mit ihr abgelehnt. Das finde ich gut. Doris hat genug gedealt. Hoffentlich gänzlich ausgedealt. Vielleicht bewirkt ihr Fall etwas. Vielleicht gucken die Öffentlich-Rechtlichen noch ein bisschen genauer nach ähnlichen Läusen in ihren Pelzen.

Ich bin Autor. Eigentlich müsste ich wütend auf Doris J. Heinze sein. Aber ich schaue mir gerade ein Bild von ihr an. Sie sieht alt aus. Sie ist jetzt asozial. Sie wird eine hohe Geldstrafe bezahlen müssen. Auf dem Bild sieht sie aus wie Gollum, der zu lange im Asitoaster war und sich eine Perücke von Ötzi aufgesetzt hat. Das reicht mir schon an Gerechtigkeit. Und: Kurt! Wenn du das liest. Bitte komm zurück!

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