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Yuri Milners goldene Wette – oder wie das mit Facebook wirklich funktioniert

von , 3.1.11

Es ist knapp ein Jahr her, da saß der russische Investor Yuri Milner auf dem Podium der DLD-Konferenz in München und Moderator David Kirkpatrick fragte ihn leicht irritiert, ob es nicht sehr risikoreich sei, 200 Million Dollar für einen kleinen Teil eines Unternehmens auszugeben, das damit eine Bewertung von 10 Mrd. Dollar bekommt. Milner erklärte den mit offenen Mündern staunenden Anzugträgern dann, warum er bei Facebook eingestiegen ist und wie dieses Facebook-Spiel funktioniert.

Heute lohnt es sich, das Video noch einmal anzuschauen (ab Minute 26). Denn Milners Prognosen sind alle eingetreten. Damals sagte er: “We have to understand social media is really a big trend …and probably an overwhelming trend. We kind of came to that conclusion early on and that’s how the Facebook investment came about.”

Die Facebook-Wette

Milner ist Investor und in legitimer Weise an der Mehrung seine Geldes interessiert. Für ihn ist Facebook kein Unternehmen, sondern ist eine gewaltige Wette. Darum hatte es in München auch den Anschein, als ob Milner Kirkpatricks Frage gar nicht versteht – irgendwie verlegen kratze er sich hinter dem Ohr: Warum im aller Welt soll ich mir Gedanken über 200 Millionen aus der Portokasse machen, wenn ich bald ein Vielfaches davon zurückbekomme? Was für eine dumme Frage! Auf beharrliches Nachfragen des Moderators gab er dann schließlich noch zu, dass er neben den Anteilen, die er direkt von Facebook gekauft habe, sogar noch weitere von anderen Investoren erworben habe: “It’s a few hundred million dollar investment” – “Beyond the 200 million?” – “Yes”. Im Investment-Geschäft würden große Schecks ausgestellt, so sei das eben, meinte Milner.

Doch seine Antwort lässt auch erkennen wie er das Facebook-Spiel begreift – ihm geht es natürlich nicht um irgendwelche Umsatzzahlen (die Frage nach dem Umsatz ist auch so eine Anfängerfrage), sondern ihm geht es um die gedankliche Vorstellung, das Unternehmen könnte einst gewaltigen Umsatz machen, in der Börsensprache nennt man das die Bewertung und die kommt folgendermaßen zustande: Gerade weil sich Facebook zunächst auf die Internationalisierung und nicht auf die Monetarisierung konzentriere, sei Facebook ein interessantes Investment. “Facebook has a tremendous monetization opportunity, even so it is not tapping into a lot of them right now. It doesn’t matter, how long it takes.”

Facebook als natürliches Monopol

Mit anderen Worten: Erst wenn alle bei Facebook als dem weltweit dominierenden Netzwerk sind, lohnt es sich für das Unternehmen, die Geldmaschine anzuwerfen. Netzwerke wie Tencent in China machten bereits vor, wie das funktioniert. All diese Chancen habe Facebook auch, dann aber auf globaler Ebene. Facebook funktioniert überall gleich, “in a way it’s like one global social graph that exsists out there”. Das war die Kernbotschaft und das wird auch die Story sein, die die potentiellen Aktionäre beim Börsengang zu hören bekommen.

1 Milliarde Nutzer hält Milner für eine sehr realistische Zahl und dann werde sich erweisen, dass ein Unternehmen, dass auf dieser Nutzerbasis aufbaut, “tends almost to be a natural monopoly”. Und es werde sich weiter herausstellen, dass dieses Unternehmen Facebook ist. Facebook wird viele Märkte dominieren, glaubt Milner. Schon heute sei das Unternehmen weltweit in 40 Märkten führend. In dem Moment, wo mehr und mehr Menschen das Internet nutzen, insbesondere über den mobilen Zugang, wird das Abrechnen nur noch ein Zwischenschritt sein.

“Schöne-Neue-Facebook-Welt-Vision”

Facebook-Mitinvestor Jim Breyer von Accel Partners, der ebenfalls auf dem Podium saß, sieht Facebook sogar als die neue, dem Internet übergestülpte Infrastruktur, mit der die meisten, wenn nicht sogar alle Anwendungen im Web über Facebook-Connect verbunden sind. „Hunderte, Tausende Drittunternehmen werden außerdem Anwendungen für Facebook schreiben und Inhalte liefern“, lautete seine “Schöne-Neue-Facebook-Welt-Vision” in München.

Diese Geschichte vom Welt-Facebook-Imperium riecht so sehr nach Geld, dass heute Goldman Sachs mit 450 Millionen Dollar bei Facebook eingestiegen ist. Milner hat seinen Anteil um weitere 50 Millionen Dollar erhöht und die Bewertung von Facebook hat sich innerhalb eines Jahres verfünffacht. Seine Wette ist bislang perfekt aufgegangen, mit der Aussicht auf (viel) mehr im Falle des Börsengangs. Wie war noch mal die Frage, Mr. Kirkpatrick?

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