#FDP

Der Zombie im Vakuum der FDP

von , 10.12.10

“Worauf wartet die FDP?” fragt heute Peter Carstens im Leitartikel auf Seite 1 der FAZ. Die Frage beantwortet sich fast wie von selbst. Sie wartet auf ein Ende des Schreckens. Die Parteiführung scheint immer noch nicht begriffen zu haben, wo der Schrecken denn liegt, der die Liberalen ins Nirwana der Irrelevanz absacken lässt. Es ist ein offenkundiger Irrtum, den Schrecken allein mit dem Wiedergänger der Freiheitsstatue im Parteivorsitz zu erklären.

Im Unterschied zu dem bürgerrechtlichen intellektuellen Profil, das die Partei in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufgebaut hatte, ist sie durch das Nachbeten von Marketingplatitüden auf eine single issue Position geschrumpft. In der Hinsicht ist die FDP tatsächlich die kleine hässliche Zwillingsschwester der Republikanischen Partei in Amerika. Zum Zeitpunkt ihres größten Erfolgs im September 2009 lief der Countdown, wie lange es dauern würde, bis dieser Ballon platzt.

Das wäre ja noch was gewesen. Ein Knall. Ein Effekt. Tatsächlich sieht es viel schlimmer aus. Der Ballon hat leise zischend an Luft verloren. Eine Lachnummer. Es ist wie in Andersens Märchen von dem nackten Kaiser. Wer diese Partei und ihr Führungspersonal über einen längeren Zeitraum aufmerksam beobachtet hat, weiß, wie schwach sie war und was sie noch schwächer gemacht hat. Schon der Umstand, dass der Parteivorsitzende erfolgreich verhinderte, dass sich ministrable Parteimitglieder auf die ihnen in Aussicht stehenden Ämter vorbereiteten, reicht aus, um die Hybris zu verstehen, die Westerwelle kultiviert hat. Es ist nicht nur Selbstüberschätzung. Dahinter ist ein fundamentales Missverständnis zu erkennen, was denn das Politische sei (das Westerwelle ausschließlich als Parteipolitik missversteht) und was policies sind, und wie sich diese Partei, die diesen Unterschied über viele Jahre grandios bespielen konnte, auf einen naiven Klientilismus zurückzog, der ihr Profil zerstört hat.

Jetzt gleicht sie nicht einem Modell ohne Unterleib oder einem Körper ohne Kopf. Sie ist trotz mancher Bemühungen ihres Generalsekretärs im Zustand eines Vakuums angekommen. Die Entleerung wartet nur darauf, sich zu entleeren. Genau deshalb sind die Hoffnungen auf begabte Führungskonkurrenten irreführend. Das Vakuum dieser Partei ist brandgefährlich.

Weil Guido Westerwelle der Münchhausen der deutschen Politik ist, wird er den Augenblick des plötzlichen Druckausgleichs sogleich dafür nutzen, sich neu zu erfinden. Westerwelle war und ist nie liberal gewesen, ein autoritärer angstgetriebener Akteur, dessen Aggressivität sogar die Amerikaner irritiert, die in der Hinsicht nicht gerade Chorknaben sind. Westerwelle weiß, wie Parteiapparate aufgebaut, umgebaut und in ein politisch für ihn funktionstüchtiges Vakuum verwandelt werden können.

Wenn die FDP den Druckausgleich herbeiführt, wird es sie zerreißen. Das hat sie mit Erich Mende schon einmal erlebt. Eine ihrer Abspaltungen wird dann unter Westerwelles Führung den Zombie der Deutsch Nationalen Volkspartei spielen – die moderne Dagegen-Partei. Sie braucht nicht erfunden zu werden. Sie ist längst da. So ist das mit Zombies. Sie sind mitten unter uns.

Crosspost vom Rhetorik-Blog, mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.