#Bundesjustizministerium

Leistungsschutzrecht: “Wenn fremde Leistungen systematisch genutzt werden, ist dies unfair und ungerecht.”

von , 20.9.10

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizminsterium, Dr. Max Stadler, hat auf der Jahrestagung der Zeitungsverleger versichtert, dass sein Haus ein Leistungsschutzrecht für die Branche schaffen wolle. Die Verlage müssten im Internet davor geschützt werden, dass “andere gewerbliche Anbieter” systematisch die Presse-Inhalte nutzen würden.

Einschränkend wies Stadler darauf hin, dass das neue Schutzrecht nicht das “Fundament des Internets”, darunter die freie Verlinkung, den freien Informationsfluss und das Zitierrecht einschränken dürfe.

Stadler hat damit nicht nur die bekannten Positionen des Ministeriums wiederholt. Bemerkenswert deutlich sprach er davon, dass es “unfair und ungerecht sei”, wie Aggregatoren mit Verlagsinhalten Geld verdienen würden. Zugleich erwähnte er nicht die von den Verlegern ebenfalls geforderte Verwertungsgesellschaft und entsprechende Abgabenpflichten für gewerblich genutzte Büro-PCs.

Im Justizministerium scheint das Leistungsschutzrecht damit vor allem ein Thema hinsichtlich Google News & Co. zu sein – und nicht so sehr ein Vehikel zur Einführung einer Abgabenpflicht für Verlagsinhalte in der großen Breite. Der Standpunkt des Minsteriums ähnelt also offenbar stark den vom FDP-Bundestagsabgeordneten Stephan Thomae vorgetragenen Positionen.

Carta dokumentiert die Rede von Max Stadler auf dem BDZV Zeitungskongress vom 20. September 2010 hier in Auszügen:

“Der Preis des Internets – Die Folgen der Digitalisierung für Medien und Gesellschaft”

Meine Damen und Herren,

wenn es um die Zukunft des Qualitätsjournalismus in Zeiten des Internets geht, dann dürfen wir zwei wesentliche Dinge nicht aus den Augen verlieren:

1. Wir müssen Fairness schaffen, vor allem im Urheberrecht; deshalb denken wir über ein Leistungsschutzrecht für Verlage nach.
2. Und wir müssen die Regelungen zum Schutz der Pressefreiheit verbessern.

Die alte These, dass nichts so uninteressant sei wie die Zeitung von gestern, gilt heute so nicht mehr. Früher kam kaum jemand auf die Idee, eine Zeitung nachzudrucken. Deshalb war auch ein besonderes Schutzrecht für die Presseverleger kein Thema.

Heute sehen sich Presseverlage dagegen zunehmend damit konfrontiert, dass ihre Online-Angebote von anderen gewerblichen Anbietern in einer Weise ausgenutzt werden, die über das bloße Verlinken weit hinausgeht. Aber wenn für die eigene Wertschöpfung systematisch fremde Leistungen genutzt werden, dann ist dies unfair und ungerecht.

Das Bundesjustizministerium hat deshalb die Debatte angestoßen, wie wir neben dem Urheberrecht der Journalisten auch die organisatorische und wirtschaftliche Leistung der Presseverleger besser schützen.

Wenn die Verleger als sogenannte Werkmittler eine eigene Leistung erbringen, dann liegt es nahe, dass diese Leistung auch durch das Urheberrecht geschützt werden muss. Das ist bei Musikern oder Buchverlegern schon der Fall und völlig selbstverständlich, aber bei den Zeitungsverlegern gibt es noch eine Lücke.

Allerdings haben die Rahmenbedingungen für Presseverleger im Internet Ausstrahlung auf die Internet-Nutzung insgesamt. Deshalb darf es bei einem etwaigen Leistungsschutzrecht nicht darum gehen, den Informationsfluss im Internet zu beschneiden. Es wird also zum Beispiel kein Verbot der Verlinkung geben, denn die Möglichkeit der freien Verlinkung ist das Fundament des Internets. Auch andere übliche Schranken des Urheberrechts werden weiter gelten, insbesondere die Zitierfreiheit.

Nicht nur faire Wettbewerbsbedingungen sind Voraussetzung für Qualitätsjournalismus, sondern auch ein effektiver Schutz der Pressefreiheit. Sie alle kennen den Fall „Cicero“. Seither wissen wir, dass auch nach sechzig Jahren Geltung des Grundgesetzes immer noch Lücken beim Schutz der für die Demokratie konstituierenden Pressefreiheit bestehen.

Die Bundesregierung hat deshalb im August 2010 einen Gesetzentwurf auf den parlamentarischen Weg gebracht, mit dem die Pressefreiheit gestärkt wird und unangemessene Einschränkungen derselben durch das Straf- und Strafverfahrensrecht vermieden werden.

Zum einen soll klargestellt werden, das sich Journalisten nicht wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat strafbar machen, wenn sie behördliches Material besitzen, auswerten oder veröffentlichen, das ihnen zugespielt worden ist. Obwohl die Medienangehörigen ja selbst keiner Pflicht zur Geheimhaltung unterliegen, waren sie in den vergangenen Jahren trotzdem Ermittlungsmaßnahmen ausgesetzt. Das soll es in Zukunft nicht mehr geben. Damit stärken wir zugleich den Quellen- und Informantenschutz und sichern eine kritische Recherche und Berichterstattung.

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