#Caroline Thomson

Live-Blog der IFA-Medienwoche-Eröffnung: “Less is more” auch bei der ARD

von , 6.9.10

Kleines Liveblog von der Eröffnung der Medienwoche@IFA unter dem Titel “Less is more? Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks”.

Das Programm:

Redebeiträge von:

  • Caroline Thomson, COO, BBC, London
  • Dagmar Reim, Intendantin, rbb, Berlin/Potsdam
  • Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs, Axel Springer, Berlin

Anschließendes Podium:

  • Stefan Aust, Journalist, Hamburg/Berlin
  • Marc Jan Eumann, Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
  • Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs, Axel Springer, Berlin
  • Sascha Lobo, Autor, Werbetexter und Strategieberater für Markenkommunikation und Internet, Berlin
  • Dagmar Reim, Intendantin, rbb, Berlin/Potsdam
  • Dr. Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik, Mediengruppe RTL Deutschland, Köln

Fazit: Dagmar Reim kündigt an, dass die ARD ihr Gesamtangebot reduzieren wolle und dazu in den nächsten Monaten konkrete Vorschläge unterbreiten werde. “Less is more” wird folglich von der ARD aufgegriffen – allerdings deutlich zögerlicher als bei der BBC.

Sascha Lobo kritisiert, dass die ARD sich dem Apple-Diktat unterwirft. Christoph Keese nennt Steve Jobs jemanden, der “begabten Menschen ein Auskommen gibt”. Marc Jan Eumann fordert mehr Transparenz von den Öffentlich-Rechtlichen und kann sich vorstellen, Einnahmen aus der Medienabgabe an weitere Anbieter zu verteilen.

Hier das Live-Blog in chronologischer Reihenfolge:

11:00h Barbara Kisseler, Chefin der Berliner Senatskanzlei, fordert in ihrer Begrüßung eine “eindeutig unterscheidbare Haltung in der Vielfalt des Medienangebots” von den öffentlich-rechtlichen Anbietern. Eher uninspirierte Rede mit den Einerseits-Anderseits-Standardpositionen.

11:10h Jutta Limbach, ehemalige Verfassungsgerichtspräsidentin, singt das Hohelied auf den Journalismus: In der Online-Öffentlichkeit fehle ohne den Journalismus die intellektuelle Verdichtung – Blogger seien nur bedingt bereit, an der öffentlichen Meinungsbildung mitzuwirken.

11.15h Caroline Thomson von der BBC wird per Skype zugeschaltet. Nach drei Minuten bricht der Stream aber abrupt ab. Thomson konnte immerhin sagen, dass sich BBC “dramatische Veränderungen” erlebe und lernen müsse, sich noch besser zu fokussieren.

11.20h Thomson: Die BBC sei schon ein wenig neidisch auf die sehr gute Finanzaustattung von ARD und ZDF. Die öffentlichen Medienanbieter seien in ganz Europa unter Druck, ihre hohe Förderung zu rechtfertigen.

11.25h Die Briten seien überzeugt, dass ihr Fernsehen besser sei als in vielen anderen Ländern. “The System is delivering what viewers want”. In Großbritannien werde dreimal so viel Geld pro Kopf für die Produktion von TV-Inhalten ausgegeben als in anderen europäischen Ländern – auch mit Hilfe der Rundfunkgebühr.

11.30h Thomsen: Die BBC fühle sich von der Presse aus wirtschaftlichen Gründen unter Druck gesetzt – aber die Zuschauer würden die BBC weiter unterstützen.

11.32h Thomson: Die BBC müsse ihren Zuschauern transparent nachweisen, wofür sie das Geld ausgebe: “We must never forget, that we are spending others people’s money.”

11.33h Thomson: Die BBC wolle ihr Management verschlanken, Boni einfrieren und verstärkt mit privaten Anbietern zusammenarbeiten.

11.35h Thomson: Unsere Kritiker haben Recht damit, dass nicht klar genug ist, was die BBC online machen darf und was nicht.

11.37h Thomson: Ohne öffentliche Anbieter wie die BBC wären die Zuschauer ärmer. Wir müssen nachweisen, dass wir nicht nur “Public Value” bieten, sondern dass wir mehr “Public Value” bieten als es ohne uns geben würde.

11.40h Thomson: Es ist nicht zu erwarten, dass die Rundfunkgebühr für die BBC in der Zukunft steigen wird.

11.44h Rede von Dagmar Reim, Intendantin RBB: Die Nutzer verstehen nicht, warum die öffentlich-rechtlichen Inhalte nun gelöscht werden. Die Debatte um die öffentlich-rechtlichen Online-Angebote werde mit “mehr Leidenschaft als Verstand” geführt. Von den ARD-Onlineangeboten gehe keine Marktverzerrung aus.

11.45h Reim: “Im Netz ist Platz für alle”. Man brauchte in der Debatte keinen “sarrazinesken Furor”. Die Diskussion brauche “Abrüstung.”

11.46h Reim: “Wir als ARD werden in Zukunft nicht mehr machen, sondern weniger.” Es dürfe in Zukunft im Programm mehr Kreativität geben, aber es werde keine weitere Ausweitung des quantitativen Programmangebots geben.

11.54h Rede von Christoph Keese: Die ARD, die fünfmal mehr Mittel zur Verfügung habe als der Springer-Verlag im Inland, müsse auch vom Journalismus kritisch beäugt werden. Er bekenne sich zugleich ganz ausdrücklich zum öffentlich-rechtlichen System.

11.57h Keese zum iPad: “Steve Jobs gönnt begabten Menschen ein Auskommen. Er baut keine Hehlerbörse auf, sondern einen Online-Shop. Dafür müssen wir ihm danken.”

12.00h Keese: Bislang wurden über 240.000 Apps von Bild und Welt verkauft.

12.05h Keese: Die Leute schließen in erstaunlicher Höhe innerhalb von Apps Abos ab und lesen die App-Inhalte auch sehr intensiv. PDFs würden sich zur “Killer-App” entwickeln, weil sie ein Anfang und ein Ende hätten. Das Internet erzeuge dagegen manchmal einen “Schwindel, wie in Hitchcocks Vertigo”.

12.07h Keese: Der 12. Rundfunkstaatsvertrag habe viele offene Fragen nicht hinreichend klar geregelt.

12.10h Nun das Podium.

12.10h Marc Jan Eumann: Die Entscheidung, Jauch zur ARD zu holen, halte er weiterhin nicht für richtig – die ARD hätte etwas Eigenes, Neues machen sollen.

12.12h Sascha Lobo: Auf die Frage, ob er “der Klassensprecher des Internets” sei? “Ich ertrage inzwischen jede Beleidigung”.

12.15h Sascha Lobo: “Die Zuführung zu Medieninhalten hat sich dramatisch verändert. Man lebt in einem Stream der Verweise” – es braucht daher neue Mechanismen, damit ARD & ZDF ihre Grundversorgung wahrnehmen.

12.16h Stefan Aust: “Mit N24 wollen wir ein kleines Stück mehr Vielfalt ins Privatfernsehen bringen.” Das Problem für die öffentlich-rechtlichen Produzenten sei häufig der “total buyout” der Rechte.

12.21h Tobias Schmid: Der Drei-Stufen-Test hat viel gekostet und wenig Fragen geklärt. Bei den zukünftigen Themen – Netzneutralität, Plattformzugang – müssten öffentliche und private Anbieter eher wieder zusammenarbeiten.

12.25h Marc Jan Eumann: Die Vergabepraxis von ARD und ZDF gehört im öffentlichen Sektor zu den eher weniger transparenten.

12.30h Sascha Lobo: Die digitale Öffentlichkeit wird durch die Verweildauerfristen der öffentlich-rechtlichen Inhalte beraubt.

12.33h Christoph Keese: Die Öffentlich-Rechtlichen haben Fakten geschaffen und behaupten nun, wenn der Auftrag konkretisiert wird, dass dies eine “Löschung” darstelle.

12.37h Dagmar Reim: “Ich sehe keine Expansion des Gesamtangebots der ARD.”

12.38h Stefan August: “Die einzige Möglichkeit, die öffentlich-rechtlichen Anbieter einzuschränken, ist der Geldzufluss.” Man sollte die Gebührenhöhe einfrieren.

12.42h Tobias Schmid zu Aust: Verfassungsrechtlich geht es nur anders herum: Erst ist der Auftrag, dann werden die Mittel festgelegt.

12.44h Marc Jan Eumann: Sollte das neue Gebührenmodell zu zusätzlichen Mitteln führen, sollten ARD und ZDF auf Sponsoring verzichten.

12.51h Sascha Lobo: “Was die Aufgabe von ARD und ZDF ist, da habe ich – anders als sonst – leider keine allgemeingültige Antwort. Die Tagesschau-App halte ich hingegen tatsächlich nicht für glücklich – weil sich die ARD dem Diktat vom Apple unterwirft.” ARD und ZDF sollten vielmehr vor allem auf offenen Plattformen engagieren.

12.57h Keese: Meine Traumvorstellung wäre, wenn Öffentlich-Rechtliche und Private gemeinsam eine Abgrenzung vorschlagen würden.

13.02h Stefan August: Vielleicht könnte man Phoenix einstellen…

13.14h Marc Jan Eummann: In Zukunft könnten auch andere von der Medienabgabe profitieren – nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen.

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