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Köhler-Rücktritt: Blogschau

von , 1.6.10

Kommentare zum Rücktritt Horst Köhlers. Über weitere Hinweise freuen wir uns.

Alexander Endl: Er hat nur seinen Job gemacht

Ich persönlich habe nicht das Bedürfnis mich im Pathos vor Dankbarkeit bei Horst Köhler zu bedanken, wie das manchen Reaktionen andeuten, die meinen, Deutschland sei Horst Köhler zu Dank verpflichtet. Zunächst mal muss man sagen, dass er vor allem seinen Job gemacht hat und für ‘den Job ordentlich machen’ wird auch sonst keinem Arbeitnehmer in Deutschland tiefe Dankbarbeit zu Teil.

Jonas Schaible: Kommentar zu Köhlers Rücktritt: Vielleicht bedauerlich, aber nötig

Doch darf gerade der Bundespräsident als oberster Repräsentant der Verfassung nie den Eindruck erwecken, nicht mehr voll hinter dem Grundgesetz zu stehen.

Erst aus dem Respekt vor dem politischen System, das in seinem Wesen eben durch die Verfassung konstituiert wird, kann schließlich Respekt vor dem Amt erwachsen. Deshalb greift auch Köhlers Begründung nicht.

Weil bei ihm der Eindruck aufkam, er orientiere sich nicht strikt an der Verfassung, musste er gehen.

Letztlich war der Schritt konsequent und nötig. Der Rücktritt an sich ist zu begrüßen.

Stefan Graunke: Horst Köhler ist zurückgetreten

Er [Köhler] begründete den Rücktritt damit, dass die Diskussion und Kritik, welche durch seinen Aussagen ausgelöst wurde, von “mangelnden Respekt für das Amt” zeugen würde. Er tritt also nicht zurück, weil er eingesehen hat, dass seine Äußerungen so nicht akzeptabel sind und einer klaren und offenen Diskussion bedürfen.

Annika Joeres: Kriegs-Köhler begeht Fahnenflucht

Zum ersten Mal in der Geschichte tritt ein deutscher Bundespräsident zurück. Zu Recht. Denn Köhler hatte erklärt, deutsche Interessen wie freie Handelswege mit “militärischen Mitteln” durchsetzen zu wollen. Der frühere Wirtschaftsmann hatte Tränen in den Augen, als er seinen Entschluss begründete.

Köhler bedauert allerdings nichts seine Äußerungen. Sondern alleine die Kritik daran.

Mit seinem Rücktritt sollte nun die Debatte beginnen, warum deutsche Soldaten in Afghanistan kämpfen und wie lange noch.

Gunnar Sohn: Horst Köhler und die Kunst der freien Rede

Der Rücktritt von Horst Köhler vom Amt des Bundespräsidenten ist bezeichnend für die mittelmäßige Eloquenz des politischen Führungspersonals.

Der Rücktritt von Köhler ist schwach. Seine Rechtfertigung noch schwächer. Seine abgelesenen Reden als Bundespräsident – nicht der Rede wert.

Michael Spreng: Horst weg!

Der Streit um seine unglücklichen Afghanistan-Äußerungen war nur der letzte Anlass für seinen Rückzug. Er muss schon lange daran gedacht haben. Ausschlaggebender Grund dürfte jetzt die mangelnde Solidarität von Merkel und Westerwelle gewesen sein, die ihn in den letzten Tagen im Regen stehen ließen. Beigesprungen gegen die maßlosen Angriffe der Opposition war ihm nur Karl-Theodor zu Guttenberg. Für zu Guttenberg war das eine Frage des Respekts und des Stils. Aber wer sonst hat in Berlin noch Stil?

Für Merkel und Westerwelle ist Köhlers Rücktritt ein furchtbares Menetekel, das sie an ihre eigene politische Endlichkeit und die Endlichkeit von Schwarz-Gelb gemahnt. Der Herold ist weg, Merkel und Westerwelle sitzen jetzt allein im tiefen Tal ihrer Koalition. Ob sie die Zeichen an der Wand erkennen?

Außerdem gibt es unvermeidlich bereits Spekulationen über seine Nachfolge. Beispielsweise von:

Spiegelfechter: Lübke 2.0?

Norbert Lammert? Kurt Biedenkopf? Edmund Stoiber? Gerhard Baum? Lassen wir uns überraschen. Die geistig verwirrte Nation wird wahrscheinlich nun nach der ersten Frau für das oberste Amt im Staate verlangen, gerade so, als habe Angela Merkel nicht allen bewiesen, dass Frauen per se weder bessere Menschen noch bessere Politiker sind.

Markus Beckedahl: Horst Köhler tritt zurück

Es wird ja oft Roland Koch gerade als Nachfolger befürchtet. Der hat nur zum Glück seinen Rücktritt damit erklärt, dass er aus der Politik aussteigen will. Realistischer ist Jürgen Rüttgers, der muss ja aktuell irgendwohin versetzt werden, damit die Große Koalition in NRW zustande kommt

Thomas Brackheim: Jürgen for Präsident? Oder doch Norbert?

Die Nordrhein-Westfalen haben Jürgen Rüttgers schon am 9. Mai die Rote Karte gezeigt. Die hatte er erst akzeptiert, dann in der Verlängerung aber wieder das Spielfeld betreten. Er hatte ja noch was vor, da wäre es ungeschickt gewesen einfach so im Kabinengang zu verschwinden. Nun ist er wieder da. Und gibt vor, bleiben zu wollen. Aber nicht wirklich. Denn jetzt ist ja der Traumjob frei.

Andreas Grieß: Koch tritt zurück, Köhler tritt zurück: Das macht mir Angst

Da gäbe es noch einen aus NRW, der gerade abgewählt wurde und schon immer Bundespräsident werden wollte. Seinen Namen werden wir ganz sicher hören. Alles andere würde mich verwundern. Aber ob Angela Merkel ihren gerade auf Normalmaß gestutzten innerparteilichen Konkurrenten ins Schloss Bellevue befördern wird?

Für die Nachfolgefrage hat Andreas Grieß auch schon mal eine Liste angefangen:

Mögliche Szenarien, die mir spontan einfallen wären folgende:

  • Rüttgers wird Bundespräsident mit Stimmen von CDU, FDP, SPD und ggf. auch anderen. Dafür Stellt die SPD in einer großen Koalition in Düsseldorf die Ministerpräsidentin
  • Das bürgerliche Lager macht Koch zum Bundespräsidenten
  • Erstmals wird jemand von den Grünen als überparteilicher Kandidat Bundespräsident (Fischer?)
  • Irgendwo gab es auch noch einen Herrn Stoiber
  • Norbert Lammert. Aber ruft der sich dann selbst aus?
  • Oder es wird jemand, der (die) nicht aus der Politik stammt, was jedoch unzählige Namen ermöglicht

Vera Bunse: Die Wahrheit

Es sieht danach aus, als sollte eine Frau die Nachfolge antreten. Käßmann – die durchaus ernsthaft gehandelt wird – hätte eine hohe Akzeptanz, aber ob sie’s macht? vdL gäbe einen Aufstand.

Und weil er so schön kurz ist, hier komplett zitiert:

Burkhard Schröder: Wer wird der nächste Bundespräsident?

Ist schon klar. Stoiber, Käßmann. Es muss also jemand sein, der abergläubisch ist und höherer Wesen verehrt. Das entspricht dem intellektuellen Niveau der Durchschnittsdeutschen. Ich bin für Loddar Matthäus oder Günther Jauch. Was macht eigentlich Gesine Schwan? Die hat doch die frisur für stürmische Zeiten.

Oder die grundsätzliche Frage, die Max Steinbeis stellt: Wozu überhaupt noch ein Bundespräsident?

Die Institution des Bundespräsidenten kommt aus einer Zeit, wo die Monarchie noch eine ernsthafte staatsorganisatorische Option war. Wo man sich den Staat nicht ohne Spitze denken konnte, ohne hierarchischen Schlusstein in der Staatspyramide und Hüter der Verfassung im Schmitt’schen Sinne.

Vielleicht reiht sich so Horst Köhler ex negativo doch noch in die Reihe der großen Bundespräsidenten ein: als der, der uns klar gemacht hat, dass wir eigentlich gar keine brauchen.

Auf die reinen Zahlen schaut wahlrecht.de und rechnet die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung hoch. An diese Frage hatte am Montag noch keiner einen Gedanken verschwendet. Auch die Politiker werden sich sicher erst einmal informiert haben. Fakt ist: Schwarz-Gelb hat weiterhin eine Mehrheit.

Die gesammelten Kommentare der deutschen Tageszeitungen gibt es im Presseportal. Besonders schön dazu auch die gesammelten Titelseiten bei meedia.

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