#FAZ

Rundfunk für alle

von , 9.5.10

Melanie Amann hat in der F.A.S. (hier nun auch online) unter der Überschrift “Rundfunk für alle” einen interessanten Kommentar zum Kirchhof-Gutachten geschrieben:

Kirchhof hat völlig recht: Das jetzige System funktioniert nicht, weil es Legitimationsschwächen hat. Aber sein neues System verzichtet auf jegliche Legitimation. “Die Reform tauscht lediglich den Tatbestand des Empfangsgerätes mit dem Tatbestand des Haushalts”, schreibt Kirchhof unschuldig, dabei entkoppelt er das Angebot der Sender für alle Zeit von dessen Akzeptanz. Die reine Existenz der Anstalt erklärt die Abgabe.

Gegen Ende dieses Abschnitts verstolpert sich Amann in ihrer Argumentation: Kirchhof entkoppelt das Angebot nicht von seiner Akzeptanz (das ist streng genommen schon im bisherigen Modell so) – Kirchhof entkoppelt die Finanzierungspflicht – mit Ausnahme der “Almhütte im Funkloch” – für alle Zeit von der Voraussetzung, das Angebot überhaupt empfangen zu können. Zukünftig soll nämlich jedem Haushalt öffentlich-rechtliches Fernsehen 216 Euro pro Jahr wert sein, egal ob man es überhaupt empfangen kann – und egal, welche Rolle das Fernsehen zukünftig spielen wird.

Amann greift einen Aspekt auf, der bislang wenig diskutiert wurde. Nach Kirchhofs Vorschlag sollen auch die 3,6 Mio. Menschen in Hartz-IV-Haushalten abgabenpflichtig werden. Deren Abgaben in Höhe von rund 800 Mio. Euro soll dann der Staat an den “staatsfernen” Rundfunk zahlen.

Hat Kirchhof hier die Hintertür für den Einstieg in die Steuerfinanzierung der Rundfunkabgabe formuliert – so wie auch schon Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Krankenkassen durch Steuermittel aufgepäppelt werden? Real könnte damit der effektive Rundfunkbeitrag pro Haushalt noch höher liegen als die 216 Euro pro Jahr – auf dem Umweg der Steuerfinanzierung.

Am Ende ihres Textes fordert Amann das Nachdenken über eine Medienabgabe – eine “Art Kirchensteuer für Informationsprogramme”, eine “Abgabe für demokratische Medien” als “Grundelement der Demokratie”.

Die Medienabgabe würde allen Medienanbietern zugute kommen – nicht nur dem knappen Dutzend öffentlich-rechtlicher Anstalten. Denn wenn Journalismus eine Abgabenpflicht für sich beanspruchen kann, so möge dies nicht nur für den Anstaltsjournalismus gelten.

Dies ist eine interessante Wendung: Als Reaktion auf die Haushaltsabgabe fordert die F.A.S. eine Ausweitung des Berechtigtenkreises auf alle Medienanbieter. Wenn man die Abgabe schon nicht glaubt verhindern zu können,  fordert man mehr Fairness im System durch eine Ausweitung auf alle Inhalteanbieter.

Im Ergebnis ist Amann über den Umweg Kirchhof bei Wolfgang Michals Kulturflatrate für Journalismus angekommen.

Die Logik hinter Amanns Vorstoß: Wenn man die Haushaltsabgabe schon nicht verhindern kann, dann wünscht man sich lieber eine Medienabgabe für alle statt als Abgabe nur an wenige privilegierte Anstalten.

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