#Börse

My Crash: wie es zum Einbruch der Kurse kam

von , 8.5.10

Die deutschsprachige Presse hat bis jetzt kaum befriedigende Erklärungen für den Börsenschock vom Donnnerstag gegeben. Die FTD spricht von bizarren Ausschlägen, das Handelsblatt gibt sich gänzlich ahnungslos und titelt, dass der Crash aus dem Nichts kam. Die FAZ macht immerhin auf  Computer-Trading als mögliche Ursache aufmerksam, scheint aber die Gründe ganz falsch zu sehen.

Schuld am Crash hatte offenbar nicht der Einsatz, sondern im Gegenteil das Abschalten des computergestützten Hochfrequenz-Handels. Jedenfalls wenn man dem Blog Zerohedge folgen will, wo Tyler Durden die Ereignisse einigermaßen plausibel erklärt. (Ich frage mich immer, ob die Leute in den Wirtschaftsredaktionen das nicht lesen, nicht verstehen wollen oder können, oder es nicht schreiben, weil es ihnen zu kompliziert ist.)

Sein Kommentar vom Donnerstag sucht die Ursache im Abstellen der High-Frequency-Trades und der dadurch ausgebliebenen Liquidität. Diese Handelssysteme machen etwas ganz anderes, als uns die FAZ mit ihrer Zwischenüberschrift “Die Hochfrequenztrader schlagen zu, bevor andere die Trades auch nur erahnen” erzählt. Blödsinn. Die Hochfrequenz-Trades leben von zeitnahen Rohdaten, die sie direkt von den Börsen kaufen. Dabei nutzen sie die Differenz zwischen Angebots- und Nachfrage-Preisen aus (nicht die einzige Strategie, aber doch verbreitetste. Wie der Betrug am normalen Aktienkäufer im Detail funktioniert, hat Karl Denninger auf SeekingAlpha beschrieben.)

Einmal mehr steht hier die Bank Goldmann-Sachs im Zentrum, die sich in New York beinahe ein Monopol auf die schnellen Trades gesichert hat, die weit mehr als die Hälfte aller Order ausmachen. Offenbar wurden nach zu starken Kursbewegungen am frühen Nachmittag die Programme ausgesetzt, die normalerweise den Markt machen, indem sie immer genügend Ware, also Aktien zum Kauf oder Verkauf anbieten. Dadurch ergab sich ein Überhang von Angeboten, die durch das Fernbleiben des Computerhandels keine Abnehmer mehr fanden. Und die Kurse brachen mit historisch nie gesehener Geschwindigkeit ein.

Soweit eine grobe Zusammenfassung der wahrscheinlichsten Ursache. Ich werde es ein wenig verfolgen und genaueres melden, sobald sich mehr herausstellt.

Ein erstes Fazit könnte lauten: die Börse hat sich an den Hochfrequenz-Computerhandel so gewöhnt, dass sie ohne ihn nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert. So viel fürs Erste entgegen aller Theorie zur Praxis effizienter Märkte.

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