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Vattenfalls Dienste für das Umweltressort

von , 22.12.09

Eine Tochterfirma des Energiekonzerns Vattenfall, der durch zahlreiche Vorfälle im Kernkraftwerk Krümmel in die Schlagzeilen geriet, war für das Bundesumweltministerium tätig. Die 100-prozentige Vattenfall-Tochter VSG GmbH mit Adressen im brandenburgischen Lübbenau und im selben Berliner Gebäude wie die Vattenfall Europe AG, erbrachte in den Räumlichkeiten des Umweltministeriums Cateringdienstleistungen. Bis Juli betrieb die Firma auch eine Kantine und ein Café im Haus der Ministerien in Berlin, wo die Bundesministerien für Umwelt und Familie ihren Sitz haben.

Ebenfalls im Juli rief der damalige Bundesumweltminister und jetzige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Verbraucher auf, ihren Stromanbieter zu wechseln. “Der Verbraucher ist der Souverän. Jeder kann Vattenfall verlassen, wenn er mit der Unternehmenspolitik nicht einverstanden ist”, sagte Gabriel damals dem Hamburger Abendblatt. Ende August sprach Gabriel dann von einer “geringen Sicherheitskultur des Unternehmens”. Lars Josefsson, seit 2000 CEO und Präsident von Vattenfall AB und seit 2002 Aufsichtsratsvorsitzender der Vattenfall Europe AG, ist aber nach wie vor Klimaschutzbeauftragter der Bundesregierung.

Aktuell betreibt die Vattenfall-Tochter noch zwei Kantinen in der Zentrale des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau und in einer Zweigstelle in Berlin. Das Amt ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und unter anderem für den Emissionshandel sowie für Luftreinhaltung und Energie zuständig.

Die VSG GmbH bietet nicht nur Cateringdienstleistungen an. Zu den Geschäftsbereichen der Firma, die auch die Deutsche Bahn, die Bundesagentur für Arbeit und die staatliche TLG Immobilien zu ihren Referenzen zählt, gehören auch die Felder Sicherheitsdienst, Objektschutz, Gebäudemanagement und Transport einschließlich Chauffeurservice und Kfz-Flottenmanagement. Hier verfügt die Firma nach eigenen Angaben über einen Fuhrpark von 2500 Fahrzeugen. Im Bereich Sicherheitsdienst bietet die Vattenfall-Tochter auch “zivile Detektivdienste” und “Sonderdienste” an.

Ein Problem sieht man darin beim Umweltbundesamt nicht. Der Zugang zu Räumen bestehe “lediglich kontrolliert”. Zudem seien die Mitarbeiter des Amtes “in Sachen Geheim- und Sabotageschutz umfassend informiert” und “angehalten, ihre Büros beim Verlassen zu schließen”. Die PC “sperren sich automatisch”, so Karsten Klenner, Leiter der UBA-Zentralabteilung. Das Ministerium nahm hierzu auf Anfrage keine Stellung. Bei VSG hieß es, man habe lediglich “genehmigten und kontrollierten Zugang zu verschiedenen Räumlichkeiten von Unternehmen im Gebäude gehabt”.

Martin Stallmann von der Pressestelle des Umweltbundesamtes bestätigte auf Anfrage, dass die VSG GmbH bereits seit 2003 beziehungsweise 2005 Pächterin der UBA-Kantinen in Berlin und Dessau ist. Der zunächst auf ein Jahr befristete Vertrag für Dessau verlängert sich, sofern er nicht gekündigt wird, automatisch um ein Jahr. Für 2010 sei eine Neuausschreibung des Pachtvertrages der UBA-Kantine in Dessau geplant. Zeitweilig war VSG auch Kantinenpächterin an einem weiteren UBA-Standort in Berlin.

Die von der Vattenfall-Tochter betriebene Kantine in Dessau werde “indirekt bezuschusst”, sei aber “grundsätzlich öffentlich”, so dass die VSG auch mit Personen, die nicht dem UBA angehören, Geld verdienen kann. In der Ausschreibung der Kantine heißt es: “Dem Vertragspartner werden die Räume und die vorhandene Einrichtung ohne Zahlung einer Miete oder Pacht zur Verfügung gestellt.” Der zwischen der VSG und dem Bund für die UBA-Standorte in Berlin geschlossene Vertrag regelt: “Der Pächter soll bei der Gestaltung von geselligen Veranstaltungen, die vom Bund durchgeführt werden, in einem angemessenen Umfang beteiligt werden.” In der Ausschreibung für den Pachtvertrag der Dessauer Kantine heißt es: “In dem Dienstgebäude finden oft Veranstaltungen mit externen Gästen statt, diese sind ggf. ebenfalls zu versorgen.”

Angaben im Internet zufolge nutzen Schüler der in der Nähe des Umweltbundesamtes in Berlin liegenden Walter-Rathenau-Schule regelmäßig die Kantine des Amtes. Vattenfall engagiert sich stark im Bereich Kinder und Jugend, bietet Unterrichtsmaterialien an, führt Lehrerfortbildungen zum Klimaschutz durch und gestaltet im Rahmen des Schulprojekts “Energie entdecken” Unterricht. In den Jahren 2007 und 2008 gaben eigens geschulte Vattenfall-Mitarbeiter an insgesamt 100 Schulen in Hamburg, Berlin und in der Lausitz mit einem Klimaschutz-Bus Unterricht.

Zum Engagement von Vattenfall im Bereich Schule und Jugend gehört auch der jährlich ausgerichtete Schulcup. Unter den Gewinnern des Jahres 2009 war auch ein Mädchen der Berliner Walter-Rathenau-Schule. Ein Zusammenhang zwischen der Nutzung der Kantine des UBA durch die Walter-Rathenau-Schule und dem Engagement Vattenfalls im Bereich Schule und Jugend besteht nach Angaben des Konzerns nicht. Das Umweltbundesamt teilte lediglich mit, dass die Kantine nur bis zu dem Zeitpunkt genutzt werde, an dem der Schule eine eigene Kantine zur Verfügung stehe. Der Leiter der Schule verneinte einen solchen Zusammenhang auf Nachfrage ebenfalls.

Auf ihrer Internetseite nennt die Schule Vattenfall im Zusammenhang mit einem Aktionstag “Partner”. Weiter heißt es: “Auch im Schuljahr 2009/10 werden insgesamt wieder fünf Mannschaften für die Berliner Schulrunde und den Vattenfall-Cup gemeldet.”

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