Klima Default Swap

von , 9.12.09

Was hat die Klimakatastrophe mit der Finanzkrise zu tun? Blythe Masters lautet eine von vielen richtigen Antworten. Die junge Bankerin wurde berühmt, weil sie 1995 mit ihrem Team bei JP Morgan die ersten Credit Default Swaps entwickelt hat. Die Papiere zählen zu jenen Finanzkonstrukten, die der Grossinvestor Warren Buffett einmal als financial weapons of mass destruction bezeichnete. Die von Masters konzipierten Derivate erwiesen sich als ausserordentlich erfolgreich. Nach der Internet-Bubble im Jahr 2000 explodierte der Markt und erreichte – zusammen mit anderen Kredit-Derivaten – im Jahr 2008 ein Volumen von nominell 62 Billionen Dollar.

Der Handel mit Kredit-Derivaten stand im Zentrum der jüngsten Finanzkrise und ist mitverantwortlich für den Zusammenbruch der Lehmann Bank und den exorbitanten Verlust bei den Versicherern AIG und HypoReal, die als Emittenten auf dem Markt agierten.

Blythe Masters arbeitet weiterhin bei JP Morgan und ist dort mittlerweile zum Global Head of Commodities aufgestiegen. Damit ist sie unter anderem für die Entwicklung von Bankprodukten im Bereich Umwelt und Klima zuständig.  In einem Statement erläuterte sie jüngst das Umwelt-Engagement ihrer Bank: “That’s why JPMorgan Chase is taking steps every day to reduce our own environmental impact and invest in projects that have tremendous promise for improving the world we live in.”

Ganz uneigennützig handelt die Bank allerdings nicht. Bloomberg warnt, dass die derzeitigen Finanzaktivitäten im Klimabereich nur ein Vorspiel dazu seien, was nach der geregelten Einführung der Emissionshandels denkbar wäre. Das Marktvolumen für die Zertifikate schätzt man auf bis zu 2 Billionen Dollar. Damit wird die Klimakatastrophe zu einem Versuchsfeld neuer Finanzkonstrukte, die das Modell des deregulierten Kasino-Kapitalismus auf  die Umwelt und die Zukunft des Planeten im Ganzen ausdehnen könnten. Das erklärt wohl auch die plötzliche Begeisterung vieler Manager und Politiker für den Kampf ums Weltklima.

Der Emissionshandel würde damit zum Modellfall für eine Art von Gütern, die durch gesetzliche Regulierung künstlich erzeugt und begrenzt werden. So richtig die anfänglichen Absichten dabei auch gewesen sein mögen, wenn dieser Markt erst in die Hände der Finanzspekulatoren gerät, werden sich jegliche moralische Bedenken als flüchtig erweisen.

Für Investoren könnten sich viele neue Spielfelder eröffnen, warnt G. Washington auf Nakedcapitalism. Nur um ein fiktives Beispiel zu nennen: Sie haben im festen Vertrauen darauf, dass alle Klimaziele nichts fruchten und die Erderwärmung weiter voranschreitet, ein Langfrist-Investment in sibirische Ländereien (Premium Lage Permafrostboden!) getätigt? Und nun wollen sie sich dagegen absichern, dass es nicht zu bösen Überraschungen kommt, etwa in Form ausbleibender Hitzewellen? Kein Problem. Oder sie finden warm eben einfach besser als kalt – auch für die ganze Welt? Oder sie glauben, dass die anderen mit ihren Klima-Wetten falsch liegen? Die Bank ihres Vertrauens wird ihnen in naher Zukunft ein massgescheidertes Zertifikat anbieten können.

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