#Eric Schmidt

Wovor hat Google eigentlich Angst?

von , 8.12.09

Google ist eine Innovationsmaschine, anders kann man es nicht sagen. Die Geschwindigkeit aber, mit der das kalifornische Unternehmen immer neue Dienste und Features herausbringt, wirkt allmählich seltsam: Warum dieses Temp0? Vom wem fühlt sich Google verfolgt?

Erst am Freitag (04.12.2009) hatte Google die personalisierte Suche vorgestellt. Auf den ersten Blick war das keine große Änderung an der Suchmaschine, tatsächlich ist es aber ein enormer Schritt. Denn künftig wird jeder Suchende individuell bedient: Google liefert nicht mehr die generell bestmöglichen Treffer auf eine Suchanfrage aus, sondern wagt sich (ungefragt) an die personalisierte Darstellung von Suchergebnissen. Das heißt nichts weniger, als dass Google seine Kunden kennt. Wem das zu viel Freundlichkeit und Service ist, kann über eine Opt-Out-Verfahren bei der alten Verfahrensweise bleiben.

Doch was für die Menschen ein großer Sprung ist, scheint für Google nur ein kleiner Schritt zu sein: Diese Woche geht der Reigen an Neuvorstellungen ungebremst weiter. Seit Montag (07.12.2009) bietet Google die Echtzeitsuche (Real Time Search) und integriert darin Statusmeldungen von Twitter, Facebook – nur von (Fan-)Seiten, nicht von Profilen – sowie aus MySpace. Doch lange nachdenken darf darüber nicht, wer in Besitz eines Android Handys ist: Denn hier gilt es die Applikation Goggles herunterzuladen, mit der die Suche über Fotos möglich wird.

Das Prinzip ist denkbar einfach. Die Applikation starten und das Zielobjekt fotografieren. Goggles scannt dann das Bild und liefert kurz darauf die Suchergebnisse. Noch funktioniert das nicht perfekt, aber die Schrift auf Büchern beispielsweise wird frappierend gut erkannt. Hier erscheint eine völlig neue Dimension von “Suche” und man kann schon förmlich die Skeptiker und Kulturpessimisten hören, wie sie angesichts dieser Funktion den Verfall der Schreibkultur beklagen werden, denn künftig muss man ja nur noch den Auslöser der Fotofunktion eines Handys bedienen können, um sich das Wissen dieser Welt auf den Bildschirm zu holen.

Im Googleplex könnte man sich ob der Innovationsfreude im eigenen Haus eigentlich entspannt geben. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie Eric Schmidt in einem Interview kürzlich mitteilte:

“I worry about the next entrepreneurial company that will take cloud computing into an area that we have not anticipated. (I worry about) something that we don’t foresee that could really take off. There’s evidence that a lot of new companies could be built.”

Fast kommen einem da die Tränen ob der Bürde, die auf den Schultern des Eric Schmidt lasten muss. Aber eben nur fast. Denn bei Google sollte man sich viel eher Sorgen um andere Dinge machen. Etwa darum, dass die Verbraucher angesichts des Tempos, das Google vorlegt, gar nicht mehr mitkommen.

Zudem muss Google aufpassen, dass man nicht allmählich in die Rolle des unbeliebten Strebers rutscht, der alles besser macht als die anderen und dadurch zum Außenseiter wird. Hat das Unternehmen diesen Status erst einmal erreicht, dürfte der Ruf nach seiner Zerschlagung nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Das aber wäre ausgesprochen schade. Denn Google bringt mit seinen Innovationen und seiner Experimentierfreude viel frischen Wind in so manche Branche. Man denke da nur an die (natürlich kostenlose) Google Maps Navigation. Vom Mediensektor ganz zu schweigen. Dass dieser Eifer nicht überall nur Freunde macht, sollte bei Google klar sein. Deshalb darf Eric Schmidt das Aufmischen der einen oder anderen Branche im digitalen Wandel ruhig auch mal anderen überlassen. Google steht im Internet wie eine Eins, Grund zur Angst gibt es nicht.

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