#ARD

Mangelnde Staatsferne der Rundfunkanstalten: auch ökonomisch äußerst bedenklich

von , 2.12.09

In den letzten Tagen und Wochen wurde viel über das ZDF, über dessen Chefredakteur Brender, über den hessischen Ministerpräsidenten Koch und über die Neuwahl des Chefredakteurs durch den ZDF-Verwaltungsrat berichtet. Nun ist die Entscheidung gefallen – Brender wird abgesetzt. Im Internet wurde das Ergebnis mit zum Teil deutlichen Worten kommentiert. So titelt Spiegel Online: „Deutschland ist jetzt Berlusconi-Land“, die Überschrift auf Sueddeutsche.de lautet „Im Selbstbedienungsladen – Union missbraucht ZDF“. FAZ.net ist da zwar zurückhaltender („ZDF-Chefredakteur Brender muss gehen“), spricht aber auch von einem „blamablen Gezerre“ und sieht eine „öffentliche Beschädigung“ des ZDF-Intendanten. Schon vor der Entscheidung haben 35 Staatsrechtler am 22. November 2009 in einem offenen Brief eindringlich an die Vertreter im ZDF Verwaltungsrat appelliert, sich nicht an der „beabsichtigten staatlichen Einflussnahme“ zu beteiligen.

Während aus juristischer Sicht eine Einflussnahme der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit der im Grundgesetz garantierten Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) kollidiert, ist das Ergebnis auch aus ökonomischer Sicht äußerst bedenklich. Zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zählt vor allem eine möglichst wahrheitsgetreue Berichterstattung (im Sinne einer politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit). Anders als private Medien, die unter bestimmten Umständen Anreize haben könnten, die zu transportierenden Informationen in bestimmte Richtungen zu verzerren, sollten öffentlich-rechtliche Medien ein Korrektiv zu diesen Verzerrungen darstellen, also eine möglichst wenig verzerrte Darstellung von Informationen ermöglichen und damit die Wohlfahrt steigern. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Wahrheitsgehalt der Berichte von den Rezipienten nicht oder nur in einem geringen Maße oder hohen Aufwendungen überprüft werden kann.

Wenn nun aber Politiker wesentlichen Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Medien nehmen, indem ungeliebte Chefredakteure verhindert bzw. abgesetzt werden können, so wird dadurch die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten nicht nur in Frage gestellt, sondern geradezu ad absurdum geführt. Öffentlich-rechtliche Medien aber, die politisch in diesem Maße beeinflussbar sind, tragen nicht zu einer Verbesserung der Wohlfahrt bei. Ganz im Gegenteil, die hohen Kosten der öffentlich-rechtlichen Anstalten verringern die Wohlfahrt drastisch, wenn der eigentliche Zweck der Medien nicht mehr erfüllt wird. Ganz abgesehen von massiven verfassungsrechtlichen Problemen, die die Einflussnahmen auf die Rundfunkanstalten hervorrufen, wäre die Politik auch aus ökonomischer Sicht gut beraten, eine Unabhängigkeit der Anstalten zu gewährleisten. Gelingt dies nicht, so stellt sich die Frage, warum eine Anstalt, die ihren vornehmlichen Zweck nicht erfüllen kann, überhaupt aufrechterhalten werden soll. Ein politisch manipulierbares ZDF würde eine reine Verschwendung von Steuergeldern und GEZ-Gebühren darstellen – darauf können wir gerne verzichten.

Ralf Dewenter bloggt im Medienökonomie-Blog. Dieser Beitrag erscheint als Crosspost.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.