#ACAP

Verlage contra Google: Der vergessene Kampf um ACAP

von , 2.12.09

Automated Content Access Protocol (ACAP) ist ein Programm, mit dessen Hilfe Webseiten-Betreiber (z.B. Verleger) Kontrolle darüber erlangen, wie Suchmaschinen auf Inhalte zugreifen dürfen. ACAP ist Digitales Rechte-Management (DRM).

Während das Protokoll robots.txt vor allem festlegt, welche Datei von den Robotern erfasst werden darf und welche nicht, kann das ACAP-Programm viel mehr. Es kann festlegen:

  • wann ein Inhalt aus dem Suchmaschinenindex wieder zu entfernen ist,
  • ob der komplette Inhalt erfasst werden darf oder nur einzelne Abschnitte daraus,
  • ob Inhalte in pdfs umgewandelt werden dürfen oder nicht,
  • ob das Layout verändert werden darf oder nicht,
  • welche Inhalte auf jeden Fall indexiert werden müssen,
  • welche Links auf einer Seite für Suchmaschinen tabu sind,
  • wie viele Zeichen der Text eines Suchmaschinentreffers (eines Snippets) maximal umfassen darf,
  • was eine Suchmaschine für die Indexierung bezahlen muss.

Solche Anweisungen könnten z.B. so aussehen:

  • ACAP-allow-index: /public
  • ACAP-allow-present-snippet: /news max-length=250-chars

Oder so:

  • Disallow: /ssl/
  • Disallow: /skinimages/
  • Disallow: /scripts/
  • Disallow: /private/
  • Disallow: /Files/
  • Disallow: /CMS/

Das ACAP-Protokoll wurde einst auf Initiative des Weltverbandes der Zeitungen (WAN) entwickelt und im November 2007 in einer ersten Version der Öffentlichkeit vorgestellt. ACAP ist einfach, und es ist kostenlos. Seine Anweisungen können (angeblich) direkt in die robots.txt-Datei eingebaut werden.

Aber wenn das so einfach ist, wo ist dann der Haken? Weshalb schlagen sich die Verlage mit Leistungsschutzrechten und Paid Content-Modellen herum, wenn die Lösung ihrer Probleme bereits existiert?

Der Haken ist der: Mit ACAP wären die Suchmaschinen von den Verlagen abhängig (und nicht umgekehrt). Und deshalb wollen die Suchmaschinen ACAP nicht akzeptieren: Zum einen, sagen sie, seien die technischen Anforderungen an die Suchroboter zu komplex. Zum anderen würde das Netz unter komplexen Filterprogrammen leiden. Google-Chef Eric Schmidt formuliert seine Ablehnung so höflich wie kryptisch: “ACAP ist ein Standard von einigen Leuten, die das Problem (der Vermittlung von Zugangsberechtigungen für Inhalte) zu lösen versuchen. Auch bei uns arbeiten einige Mitarbeiter mit ihnen zusammen, um zu sehen, ob die Arbeitsweise unserer Suchmaschine so verändert werden kann, dass sie mit dem Vorschlag zurechtkommt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verträgt er sich nicht mit der Art und Weise, wie unsere Systeme operieren.”

Was sich da „nicht verträgt“, geht schlicht ans Eingemachte. Die Verlage möchten nämlich nicht nur durchsetzen, dass ihre „teuren“ Inhalte von Suchmaschinen bevorzugt werden. Sie wollen mit ACAP den Schalthebel in die Hand bekommen, der Suchmaschinen im Sinne der Verlage lenkt und kontrolliert. Denn ACAP ist ein ideales Instrument zur Vergabe von Nutzungsrechten. Ja, es könnte in Zukunft sogar als Erlös- und Abrechnungsmodell dienen (siehe dazu Christoph Keeses Vorschlag hier auf Carta).

Allerdings gibt es noch eine entscheidende Hürde: Die Suchmaschinen müssten mitspielen. Bislang kann man sie nicht zur Übernahme des ACAP-Protokolls zwingen. Doch der Druck wächst. Nicht nur von Seiten der Verlage (die ihre Medien für diesen Zweck hemmungslos instrumentalisieren), sondern auch von Seiten der EU-Kommission, der nationalen Regierungen und der Kartellbehörden.

Im Frühjahr 2009 lenkte Google erstmals ein und bezeichnete sich überraschend als großen „Freund der Verlage“. Ein Indiz für eine Annäherung? Zumindest haben die deutschen Verleger davon Abstand genommen, Google auf ähnliche Weise zu verklagen wie die Verbands-Kollegen in Belgien. (Die belgische Copiepress hatte gegen Google zwar gewonnen, aber um welchen Preis? Der Schadensersatz deckte kaum die Kosten der Auseinandersetzung.) Umgekehrt ist Google seit neuestem bereit, den Verlagen irgendwie entgegen zu kommen.

Gibt es einen Waffenstillstand? Stehen die Verlage mit ACAP vor einem Durchbruch oder sind sie – im Gegenteil – an einem toten Punkt angelangt? Lassen sie ACAP sausen und verlegen sich ganz auf den politischen Kampf für ein staatlich garantiertes Leistungsschutzrecht? Die Medienszene rätselt.

Aber man sollte sich nicht täuschen. Die Presseverlage kämpfen heute an vielen Fronten:

  • ACAP (= Geschäftsmodell)
  • Leistungsschutzrecht (= legislative Flankierung)
  • Anti-Piraterieabkommen ACTA (= exekutive Flankierung)

Und die Verlage sind wild entschlossen, an einer dieser Fronten möglichst bald einen Durchbruch zu erzielen.

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