#Arianna Huffington

Mathias und seine Meisterin Arianna

von , 13.11.09

Eine prägnantere Inszenierung des ideengeschichtlichen Konflikts zwischen alteuropäischem Inhalteproduzentenmodell und neuamerikanischem Netzwerkpubliziermodell hätte man sich kaum ausdenken können. Gestern Mittag trafen Axel Springer-Chef Mathias Döpfner und Huffington Post-Herausgebern Arianna Huffington auf dem Monaco Media Forum zusammen.

“Springer CEO Clashes With Huffington”, schrieb anschließend Business Week. Die Debatte sei kein “digital media lovefest” gewesen. DerWesten-Chefredakteurin Kathrina Borchert erklärte die zum Teil heftige Auseinandersetzung zu einem “absoluten Highlight” weit über die Konferenz hinaus.

Mit Döpfner vs. Huffington prallten instruktive Gegensätze aufeinander. Auf der einen Seite Döpfner, der darauf besteht, dass nur mit Bezahlinhalten und einem “verlässlichen Urheberrecht” in Zukunft “Qualitätsjournalismus” finanzierbar sei. Auf der anderen Seite Arianna Huffington, die dafür steht, Nachrichten zu “kuratieren”, indem sie eigene Redaktionsinhalte, mit Links auf andere Sites und Blog-Beiträgen kombiniert.

Döpfner und Huffington verkörpern nicht nur geradezu archetypisch diese Ansätze, sondern sie sind auch Protagonisten, die sie rhetorisch zu vertreten wissen. Huffington aber war gestern wacher, schneller, gewitzter und nicht geneigt, ihren Standpunkt auch nur einen Millimeter zu räumen.

Als Döpfner von “Inhaltediebstahl” sprach, sprang ihm Huffington ins Wort. Sie bestand darauf, dass ihre Publikation sich strikt an das Urheberrecht halte, noch nie eine Auseinandersetzung darüber geführt habe und im Gegenteil ständig von klassischen Medien gebeten werde, doch auf diese zu verlinken.

“Obwohl Sie unglaublich überzeugend klingen, Herr Döpfner, wird es sich zeigen, dass Sie unglaublich falsch liegen”, sagte Huffington. “Sie können nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen. Und den Fluss, in den Sie steigen möchten, den gibt es nicht mehr. ”

In einem grandiosen Moment gab Huffington dem Springer-Chef Nachhilfe in der neuen Link-Ökonomie:  “Ubiquität ist die neue Exklusivität.” Wer im Netz Geld mit Inhalten verdienen wolle, müsse diese möglichst umfassend über das Netz zu verteilen, wie etwa der Sender NBC mit seiner Video-Einbettung.

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Huffington: "Obwohl Sie unglaublichüberzeugend klingen, Herr Döpfner, wird es sich zeigen, dass Sie unglaublich falsch liegen."

Plötzlich sah der europäische Mathias neben der quirligen Neuamerikanerin Arianna eher alt, verstockt und uninspiriert aus.

Huffington: “Herr Döpfner, Sie wollen Konsumenten umerziehen, die gerade die neuen Möglichkeiten der Online-Nachrichten entdecken. Das ist anmaßend.”

Döpfner entgegnete, dass ohne Bezahlinhalte hochwertiger Journalismus nicht nachhaltig zu finanzieren sei.  Es könne nicht angehen, dass smarte Online-Typen Inhalte stehlen, zitieren (sic!) und vermarkten – ohne sich an der Produktion der teuren Ausgangsinhalte zu beteiligen.  Es sei ein Irrglaube von “Webkommunisten”, dass nur dann Demokratie herrsche, wenn alle Inhalte kostenfrei seien.

Im Arianna-Feuer gab sich Döpfner dann auch selbstkritisch: Die Medienkrise sei vor allem auch eine Krise des Journalismus selbst, der häufig einfach nicht gut genug sei.

Die eloquente Amerikanerin hatte dann gleich auch die passende Parabel zur Hand, was denn die Online-Medien besser machen würden. Klassische Medien, so Huffington würden unter “add” leiden, attention deficit disorder. Die Online-Medien hätten dagegen “ocd“, obsessive compulsive disorder. Wo klassische Medien Geschichten durchrattern, würden Online-Medien Geschichten leidenschaftlich begleiten.

Der Schwergewichtskampf der Medienstrukturlenker Döpfner vs. Huffington ging nach Punkten klar an die amerikanische Online-Pionierin. Amerikanischer Innovationsgeist siegte über europäischen Geschäftsmodellkonservatismus – und am Ende blieb das Gefühl, dass es so bleiben könnte.

Hier das Video des fulminanten Aufeinandertreffens:

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