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Allensbach: Mehrheit hält Kinderpornosperren für wirkungslos (und viele verstehen nicht, worum es geht)

von , 21.7.09

Das Institut für Demoskospie Allensbach hat sich des Themas “Kinderporno-Sperren” angenommen und über 1.800 Bundesbürger in kurzen mündlichen Interviews zu diesem Thema  befragt (PDF).

Das Ergebnis der Befragung legt nahe, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung die Sperren einerseits begrüßt, andererseits aber an ihrer Wirksamkeit zweifelt. Die Umfrage zeigt vor allem aber erneut, dass kurze Massenbefragungen so komplexen Themen wie dem “ZugErschwG” nicht gerecht zu werden vermögen.

Dies wird bereits mit der Eröffnungsfrage deutlich (siehe unten): Dem Befragten wird von einem “großen Stoppschild” berichtet, bei dem “man nicht mehr weiterkommt“. Diese Beschreibung greift bekanntlich deutlich zu kurz. Auch der Gegensatz der Antwortoption – Maßnahme ist zu begrüßen vs.  ist nicht für Kinderporno-Bekämpfung geeignet – bildet die Komplexität der Fragestellung nicht ab — es gibt mehr und andere Gründe, dagegen zu sein.

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Man kann den Demoskopen aus Allensbach keinen großen Vorwurf machen. Das Problem ist: Die Problematik des Zugangserschwerungsgesetzes läßt sich nicht in wenigen Sekunden erklären und abfragen. Die meisten Befragten werden sich zuvor nicht intensiver mit der Thematik und seiner verfassungsrechtlichen Relevanz befasst haben. Die Antworten müssen aus dem Stand heraus erfolgen und sind entsprechen impulsgetrieben.

Was die Demoskopen nicht abgefragt haben: Ob sich der Befragte mit dem Thema zuvor schon beschäftigt hat? Ob er eine Meinung dazu hat? Ob er sich ausreichend informiert fühlt? Ob er die Argumente von Befürwortern und Gegnern kennt?

So zeigt das Ergebnis zunächst einmal: Rund 90 Prozent der Befragten sind für Kinderporno-Sperren und rund 10 Prozent dagegen, wenn sie mit wenigen Zeilen auf den Stand gebracht werden. Die politische Strategie, Internetsperren mit dem Anlass Kindesmißbrauch einzuführen, geht nahezu vollständig auf. Die Umfrage misst so gesehen ebenso sehr die Wirksamkeit einer politischen Strategie wie die eigentliche Meinung in der Bevölkerung.

Immerhin: 9 Prozent der starken Internetnutzer sind laut Umfrage gegen die Sperren. Dies würde, grob überschlagen, 2 Millionen Menschen entsprechen. Dass es nach den Debatten der letzten Monate 2 Millionen in Deutschland gibt, die trotz der Todschlag-Strategie Kinderporno gegen Internetsperren sind, ist eigentlich eine erstaunliche Zahl. Sie spricht für die erhebliche Breite einer politischen Öffentlichkeit, die sich mit diesem Thema intensiver befaßt.

Erstaunlich sind zudem die erheblichen Zweifel am Erfolg der Internetsperren:

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Eine Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, dass die Sperren den Zugang zu entsprechendem Material nicht verhindern. Doch: Warum zeigt uns Allensbach hier nicht die Angaben für die starken Internet-Nutzer separat (wie im vorherigen Chart)? Das Fehlen der Angabe wirft ein merkwürdiges Licht auf die Auswertung der Umfrage.

Problematik der Formulierungen an allen Orten – auch bei der unten stehenden Frage: Hier fragt Allensbach, ob die Stoppschilder im Internet “ihr Recht auf Informationsfreiheit zu sehr einschränken”. Wie wären die Antworten ausgefallen, wenn gefragt worden wäre, ob “das Recht auf Informationsfreiheit” durch die Sperren eingeschränkt wird? Es bedarf wenig Fantasie um zu prognostizieren, dass das Ergebnis dann zumindest geringfügig anders gewesen wäre.

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Mit dieser Befragung hat sich das Institut für Demoskopie Allensbach keinen Gefallen getan: Die Befragung wird dem Thema nicht gerecht. Die Inhalte werden zu oberflächlich und nicht neutral abgefragt.

Die Befragung zeigt vor allem eines: Die Begrenztheit der Methode für diesen Anlass – und die Effektivität der politischen Strategie, eine Sperrinfrastruktur am Beispiel Kindesmissbrauch einzuführen.

Manchmal wäre es der Sache angemessener: solche Umfragen einfach zu unterlassen. Oder aber sie methodisch anders abzusichern.

Für einen PR-Gag ist das Thema zu wichtig und zu schade.

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